Themenorientierung

Die Suche nach geeigneten Themen, die zum einen aus der Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler stammen und zum anderen geeignet sind inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen aus mehreren Kompetenzbereichen anzusprechen, ist die wohl größte Herausforderung für Informatik-Fachschaften bei der Implementierung der neuen Fachanforderungen Informatik in einem schulinternen Fachcurriculum. Diese Seite soll verschiedene Herangehensweisen darstellen und damit eine Hilfestellung bei der Erstellung solcher Unterrichtsthemen leisten. Zur Anregung können Sie auch einen Blick auf die Liste von Themenvorschlägen passend zu dem Strukturvoschlag für schulinterne Fachcurricula werfen.

Kriterien für gute Unterrichtsthemen

Vorab sollen handfeste Kriterien dabei helfen, gute Unterrichtsthemen zu identifizieren. Die folgende Auswahl stellt eine mögliche Definition eines guten Themas dar.

  • Das Thema ist auch außerhalb der Informatik von Bedeutung.

    Die Schülerinnen und Schüler sind mit dem Thema auch außerhalb des Unterrichts konfrontiert. Das Thema entfaltet Relevanz im Alltag der Schülerinnen und Schüler.

  • Die Auseinandersetzung mit dem Thema erlaubt die Förderung prozessbezogener Kompetenzen.

    Das Thema ermöglicht das Erschaffen eines informatischen Produktes. oder Die Schülerinnen und Schüler können im Rahmen des Themas kontroverse Diskussionen führen.

  • Das Thema verknüpft verschiedene Aspekte der Informatik.

    Es lassen in der Bearbeitung des Themas inhaltsbezogene Kompetenzen aus verschiedenen Kompetenzbereichen fördern.

Themenfindung auf Basis von Bestehendem

Auch wenn das bestehende Fachcurriculum nicht vor dem Hintergrund der neuen Fachanforderungen erstellt wurde, sind etablierte Unterrichtseinheiten aufgrund der veränderten rechtlichen Grundlage nicht obsolet. Vielmehr kann die Überarbeitung des schulinternen Fachcurriculums als Gelegenheit genutzt werden, bestehende Unterrichtssequenzen auf ihre Eignung hinsichtlich der didaktischen Leitlinien zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. So kann beispielsweise eine bestehende Einheit über die Netzwerkprotokolle um eine schülerorientierte Leitfrage ergänzt werden (z. B. "Was bedeutet es, dass mein Messenger Nachrichten Ende-zu-Ende verschlüsselt?"), die unter Einbeziehung weiterer passender Kompetenzen aus den Fachanforderungen im Rahmen der Unterrichtseinheit beantwortet wird.

Des Weiteren kann auch das Stöbern in Lehrbüchern oder auf Internetportalen (z. B. CS Unplugged oder INF-Schule) Anregungen für Unterrichtsthemen liefern. Auch wenn auf diesem Weg selten vollständige Unterrichtsthemen im Sinne der Fachanforderungen zu finden sind, lassen sich die Ideen, die diesem Material zugrunde liegen, oftmals ausfalten und zu einem Thema weiterentwickeln. Im Falle lebensweltbezogener Unterrichtsprojekte wie beispielsweise von der Tüftelakademie können Unterrichtsthemen auch direkt aus der Vorlage abgeleitet werden und müssen für die Aufnahme in das schulinterne Fachcurriculum nur noch mit den Fachanforderungen in Beziehung gesetzt werden.

Themenfindung ausgehend von Anlässen

Ebenso wie die Analyse der Potentiale bestehender Einheiten und Projekte lohnt sich der Blick auf aktuelle Anlässe. Bei aufmerksamer Betrachtung der Nachrichten lassen sich Themen identifizieren, die meist die gesellschaftliche Bedeutung der Digitalisierung in den Fokus rücken. Beispielsweise kann die Diskussion über den Einsatz automatischer Gesichtserkennung an Bahnhöfen als Keimzelle für eine Unterrichtseinheit zu künstlichen neuronalen Netzen (AD15, AD16) dienen. Die inhaltsbezogenen Kompetenzen stehen bei dieser Themenfindung allerdings weniger im Fokus als die prozessbezogenen Kompetenzen und überfachlichen Lernziele wie sie in Kapitel 2 der Fachanforderungen beschrieben sind.

Neben den überregionalen Nachrichten, bietet auch der schuleigene Kontext gute Anlässe für Unterrichts­themen. So können beispielsweise zu aktuellen Ereignissen passende Software­produkte gestaltet werden, etwa ein Tabellen­kalkulations­blatt das die automatisierte Auswertung einer Sportveranstaltung erlaubt oder eine Gruppe von Mikrocontrollern mit denen die Gebote einer Lebkuchenhaus­versteigerung auf dem Weihnachtsbasar angenommen werden können. Anders als bei einem Programmierkurs, in dem die Syntaxelemente nacheinander und ohne lebensweltliche Motivation eingeführt werden, wird bei diesen Handlungsprodukten stets auch der Entwicklungsprozess des Produktes selbst thematisiert. So werden inhalts- und prozessbezogene Kompetenzen natürlich miteinander verknüpft.

Themenfindung ausgehend von Kompetenzbeschreibungen

Möchte man die in den Fachanforderungen gelisteten Kompetenzen vollständig im schulinternen Fachcurriculum abbilden, gerät man häufig in die Situation, eine einzelne Kompetenz oder eine Reihe von Kompetenzen als nicht ausreichend abgebildet zu identifizieren und ausgehend von diesen einen weiteren Unterrichtsbaustein entwickeln zu wollen.

Exemplarisch soll dieser Vorgang für die Kompetenz I13 "... verwenden grundlegende Funktionen des Betriebssystems zur Bewältigung typischer Aufgaben" durchgeführt werden. Eine naheliegende Idee wäre, eine Unterrichtssequenz zu gestalten, in der die Schülerinnen und Schüler eine große Menge von Dateien (z. B. ihre eigenen schulischen Dokumente) neu sortieren und in eine hierarchische Struktur bringen sollen. Dieses Vorgehen knüpft zwar an die Lebenswelt der Schülerinnen und Schüler an und eignet sich sicherlich auch den "Umgang mit [...] Fenstermanagern" zu trainieren, die Verzahnung der verschiedenen inhaltsbezogenen Kompetenzbereiche wird in dieser Sequenz aber nicht sichtbar.

Eine andere sehr lohnende Überlegung ist, in welchen anderen Unterrichtssituationen Dateien erstellt werden oder im Rahmen des handlungsorientierten Unterrichts der ergonomische Umgang mit dem Betriebssystem explizit thematisiert werden könnte. Dies könnte beispielsweise bei der Erstellung eigener Webseiten gut gelingen: Hier könnte in einer Stunde die Anordnung der Fenster bei der Bearbeitung der HTML-Dokumente diskutiert werden. In einer anderen Stunde könnten Absprachen zur Sortierung und Benennung der Dateien in einem gemeinsamen Projektordner getroffen werden.

Auch im Rahmen der Untersuchung verschiedener Bilddateiformate und Auflösungen bei der Erstellung eigener Grafiken zu einem gegebenen Präsentationsziel (vgl. D24) ließe sich die Kompetenz I13 geschickt in den Unterrichtsgang einbetten. Die Schülerinnen und Schüler könnten hier diskutieren wie sie eine Reihe von Dateien sinnvoll benennen, um anschließend über einen Vergleich der Dateien im Dateimanager Zusammenhänge zwischen Bildinhalt, Auflösung, Kompressionsverfahren und Dateigröße erkennen zu können.

Anstatt also einen Kontext für einzelne isolierte Fachinhalte zu suchen, lohnt es sich die Potentiale anderer Unterrichtssequenzen und -projekte für die Förderung von Kompentenzen aus allen Bereichen der Fachanforderungen auszuschöpfen. Auf diese Weise kann eine Kompetenz im Sinne der spiralcurricularen Kompetenzförderung im Laufe des Informatikunterrichts mehrfach (jeweils in kleinerem zeitlichen Umfang) angesprochen werden. Dieses Vorgehen ermöglicht die Vernetzung der verschiedenen Wissensbereiche und sorgt damit für einen nachhaltigen Kompetenzerwerb.