5. Fachspezifische Hinweise zur Europabildung in der Schule

Die folgenden Hinweise, Materialien und Links bieten Anregungen, Europathemen im Unterricht aufzugreifen, erheben jedoch keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Wir freuen uns, wenn Sie eigene Unterrichtsbeispiele, Korrekturen, Ideen und Anregungen an das Funktionspostfach europabildung@bimi.landsh.de senden.

5.1 WELTKUNDE UND SACHUNTERRICHT

Der Weltkunde- und Sachunterricht ist ein wichtiges Element in der Europabildung der Schule.
Für den Sachunterricht gilt im Prinzip das unter den Vorbemerkungen zum Primarbereich und den Hinweisen zum Klassenrat sowie Querschnittsthemen Gesagte. So kann das Thema Europa im Sachunterricht deutlich stärker verankert werden als dies bisher in der Regel geschieht. Gerade auch in fächerübergreifenden Projekten und in der Integration der Ästhetischen Fächer (s. Kapitel 5.6) in diese Projekte besteht die Möglichkeit zum ganzheitlichen Lernen. Bereits ab der ersten Klasse bieten sich beispielsweise folgende fächerübergreifende Projekte an:

  • Deutsch - Die Europasage,
  • Mathematik – Umgang mit Geld/Währungen oder Längen und Gewichte,
  • Musik - Lieder zum Thema (z. B. Kleine Europäer, Europahymne),
  • Kunst/Englisch – Farben als nationale Kennzeichen, Künstler/-innen Europas
  • Sport – Spiele im Unterricht (Körper),
  • Sachunterricht – Kartenkunde, Begrüßungsrituale, Länderkunde, Ernährung, Heimat, Kinderrechte, Familien, Minderheiten, Mobilität, Klima und Energietechniken
  • Weihnachten in anderen Ländern, Nationalgerichte (gesunde Ernährung).


Dass sich bei ausreichend technischer Ausstattung der Schule diese Projekte auch gemeinsam digital mit Klassen im europäischen Ausland durchführen lassen oder bei physischen Begegnungen einen Ausland erlauben, sollte an dieser Stelle noch hervorgehoben werden (s. auch Kapitel 2.2: Primarbereich).

5.2 DEUTSCH

Das Fach Deutsch bietet viele Anknüpfungspunkte für Europabildung und trägt maßgeblich zur Europakompetenz der Lernenden bei.
Die sichere Beherrschung der Muttersprache in Wort und Schrift stellt die Grundlage für den Erwerb von Fremdsprachen dar. Vor dem Hintergrund der eigenen Sprache können SuS die grammatischen Strukturen und semantischen Besonderheiten von neu zu erwerbenden Sprachen erkennen und reflektieren. Sie beschäftigen sich mit der Etymologie des deutschen Wortschatzes und dessen Entstehung. Dabei werden kulturelle Einflüsse aus anderen europäischen Sprachen sichtbar und ermöglichen einen Einblick in europäische Kulturgeschichte. So haben Wörter aus vielen Sprachen im heutigen Deutsch ihren Platz gefunden, und idiomatische Redewendungen zeugen von historischen und kulturellen Prägungen. Die deutsche Sprache reflektiert somit vielfältige kulturelle Verflechtungen und zeigt dadurch auch eine Offenheit für andere Sprachen und Kulturen.

Ebenso belegt die europäische Literaturtradition den kulturellen Austausch zwischen verschiedenen Gesellschaften und Kulturen. Diese Tradition reicht von der griechischen Antike über Shakespeare und Bertolt Brecht bis in die Gegenwart hinein und umfasst die vielfältigsten Textgenres. Bei der Beschäftigung mit deutscher Literatur stoßen die Schülerinnen und Schüler daher auf europäische Traditionen und Stilrichtungen und erkennen deren wechselseitige Beeinflussung.
Ein wichtiges Lernziel im Sinne einer Europakompetenz besteht in der Fähigkeit, an Diskussionen teilzunehmen und sich entsprechend auszudrücken. Hier werden die Grundlagen für eine Argumentationsfähigkeit im politischen und interkulturellen Rahmen gelegt.

Im fächerübergreifenden Unterricht liegen große Chancen für Handlungs- und Erfahrungsorientierung.
Auch im Deutschunterricht bieten sich zur Vermittlung von Europabildung handlungs- und erfahrungsorientierte Methoden an. Beispielsweise eignen sich die Textsorten "Fabel", "Sage" und "Märchen" dafür, eigene Texte zu verfassen und sich dabei mit dem europäischen Hintergrund dieser Gattungen auseinanderzusetzen. Durch das Verfassen und Aufführen von eigenen Texten können die Schülerinnen und Schüler ihre kreativen Fähigkeiten entwickeln und gleichzeitig ihr Verständnis für die kulturgeprägten Merkmale und Strukturen dieser Textsorten vertiefen.
So ist es vor allem der fächerübergreifende Unterricht mit ästhetischen Fächern (s. Kapitel 5.5), der die Lernenden zu einer Umsetzung des Gelernten mit allen Sinnen ermutigt. Darin liegt eine wertvolle Chance, europäisches Bewusstsein bei den Schülerinnen und Schülern zu festigen. Spielerische Übungen, kreative Schreib- und Sprechaktivitäten und Rollenspiele im Deutschunterricht, die an das Thema Europa heranführen, werden gerade auch dadurch wertvoll, dass Lehrkräfte anderer Fächer in diese Einheiten einbezogen werden. Damit können die Kompetenzbereiche „Sprechen und Zuhören, Schreiben, Lesen, Sprache und Sprachgebrauch untersuchen“, wie in den Fachanforderungen des Sekundarbereiches II niedergelegt, sehr gut gefördert werden.
An dieser Stelle sei noch auf Projekt EUKID hingewiesen, das die Integration europäischer Themen in den Deutschunterricht zum Ziel hat und bereits auf dem Fachtag Deutsch am 23.4.2022 präsentiert wurde.

5.3 FREMDSPRACHEN

Fremdsprachenunterricht vermittelt in vielerlei Hinsicht Europakompetenz.
Mehrsprachigkeit spielt eine entscheidende Rolle beim Austausch mit Menschen aus anderen Ländern, denn sie ermöglicht den Lernenden, andere Perspektiven kennenzulernen und Toleranz zu entwickeln. Der Erwerb von Fremdsprachenkompetenz trägt somit zur Persönlichkeitsentwicklung bei und unterstützt die Ausbildung einer europäischen Identität. Darüber hinaus bildet die Beherrschung mehrerer Sprachen die Grundlage für ein erfolgreiches Studium oder eine berufliche Aufgabe in Europa und Freundschaften über Ländergrenzen hinweg.

Der Fremdsprachenerwerb dient darüber hinaus nicht nur der Kommunikation. Weil Sprache immer ein bestimmtes Verständnis der Wirklichkeit transportiert und diese selbst beeinflusst, erwerben Lernende immer auch ein Verständnis für die Lebensgewohnheiten, Mentalitäten und das Bewusstsein der Bevölkerung, die sich der Zielsprache bedient. So geht es beim Sprachenlernen nicht nur um die richtige Anwendung von Grammatik und Vokabeln, sondern auch um Empathie und Verständnis gegenüber Sprechenden anderer Sprachen.
Gerade auch in dem Erleben, sich in einer anderen Sprache nicht immer perfekt ausdrücken zu können, entwickeln Lernende ein Einfühlungsvermögen für Menschen mit Migrationshintergrund und die Herausforderungen einer Mehrsprachigkeit. Sprachenlernen leistet damit einen wichtigen Beitrag für ein tieferes Verständnis anderer Völker, deren Traditionen und Werte.

Begegnungen mit Gleichaltrigen aus anderen Ländern fördern Sprach- und damit Europakompetenz.
Internationale Begegnungen fördern in besonderer Weise europabezogene Handlungskompetenz. Dort werden Sprachhemmung abgebaut, Neugier und Interesse für eine andere Sprache und Kultur geweckt, interkulturelle Kompetenz und Toleranz geweckt. In der natürlichen Kommunikation mit Gleichaltrigen, gerade auch in der Arbeit an einem gemeinsamen, fächerübergreifenden Projekt, stärken die Jugendlichen ihre Kompetenzen und erfahren vor allem den Reichtum, aber auch die Herausforderungen, die in sich bei dem Zusammenleben in Europa zeigen.

Der Fremdsprachenunterricht in der Schule ist darüber hinaus wie kaum ein anderer Unterricht für handlungsorientierte Methoden geeignet und kann damit die Erfahrungen eines europäischen Miteinanders fördern.

Ideal sind in diesem Kontext Schulpartnerschaften (Kapitel 6.3), die projektorientiert gestaltet werden. Unter bestimmten Voraussetzungen bieten sich auch Drittortbegegnungen an, wie sie beispielsweise vom Internationalen Haus Sonnenberg in St Andreasberg zielgruppenspezifisch geplant werden.

Studien- und Klassenfahrten bieten Möglichkeiten für europäisches Erleben.
Es sei an dieser Stelle auch auf die Möglichkeiten für Begegnungen verwiesen, die Klassenfahrten ins Ausland bieten (Kapitel 6.2). Zumeist werden diese als gruppeninterne Aktivitäten geplant und durchgeführt. Dennoch könnten sich mit relativ geringem Aufwand Möglichkeiten zur persönlichen Begegnung zwischen Lernenden vor Ort und den schleswig-holsteinischen Schülerinnen und Schülern ergeben, beispielsweise durch gemeinsame Projekte mit einer Schule vor Ort.

Digitale Angebote können dieses Erleben ergänzen.
Durch die zunehmende Digitalisierung an unseren Schulen bieten auch online-Projekte Möglichkeiten der Begegnung, die relativ einfach in den Schulalltag zu integrieren sind. Die Plattform eTwinning (Kap. 7.5) ist zur Kontaktaufnahme ein ausgesprochen gut nutzbares Tool.
So können in diesen internationalen Kooperationen nicht nur Informationen ausgetauscht werden, sondern auch gemeinsame Texte geschrieben werden, Videos produziert oder gemeinsame öffentlichkeitswirksame Aktionen initiiert werden.

Ähnlich wie im Deutschunterricht bietet das Thema „Europa“ auch Möglichkeiten für fächerübergreifenden Unterricht beziehungsweise entsprechende Projekte:

Die fachimmanente Methodenvielfalt bietet exzellente Möglichkeiten für fächerübergreifende, erfahrungsorientierte Europabildung.
In Rollenspiele können beispielsweise verschiedene Szenarien aus dem Alltag nachgestellt, stereotype Vorstellungen von unseren europäischen Nachbarn hinterfragt oder einfach Wissen über Europa weitergegeben werden. Dabei bereichert die Zusammenarbeit mit Lehrkräften anderer Fächer, gerade auch im Darstellenden Spiel, Kunst oder MINT-Fächern, die Möglichkeiten bei der Themenfindung und eröffnet neue methodische Herangehensweisen.

Erwähnt werden sollten auch mögliche Kooperationen zwischen Musik- oder Sportlehrkräften. Beispielsweise können, sei es in einem internationalen oder schulinternen Unterricht, ausländische Tänze oder Lieder erlernt werden. Dies bietet die Möglichkeit, gerade auch für Lernende mit geringen fremdsprachlichen Kenntnissen, Europa zu erfahren.

Unterricht in den Fremdsprachen kann erweitert werden.
Weiterhin wird auf die Möglichkeit verwiesen, an der Schule in kleinen Sprachkursen, Sprachduschen oder Sprachentagen die Mutter- bzw. Erstsprachen von Mitgliedern der Schulgemeinschaft mit nicht deutschsprachigem Ursprung kennenzulernen. Dies kann die gegenseitige Anerkennung der Lernenden erhöhen und das Miteinander sowohl in der Schule als auch über diese hinaus positiv beeinflussen. Hier eröffnen sich Räume, in denen gerade Lernende im DAZ-Bereich ihre sprachlichen Fähigkeiten zeigen können und dadurch als Bereicherung in der Schulgemeinschaft wahrgenommen werden (s. Kapitel 9.2 Europabildung in einer multikulturellen Schulgemeinschaft).

All diese Ansätze im Fremdsprachenunterricht fördern den Erwerb von Europakompetenz, indem sie den Schülerinnen und Schülern helfen, ein tieferes Verständnis für die Vielfalt Europas zu entwickeln. Besonders wichtig werden sie dadurch, dass sie die motivationalen und volitionalen Aspekte der Europakompetenz ansprechen und damit über die rein kognitiven Lernziele hinausgehen.

Fremdsprachenunterricht an berufsbildenden Schulen bietet besondere Möglichkeiten zur Europabildung.
An berufsbildenden Schulen bietet sich der Fremdsprachenbereich schon vom didaktischen Standpunkt zur Vermittlung europäischer Handlungskompetenz an. Hier ist vor allem das Fach Englisch geeignet, da dieses für alle beruflichen Bildungsgänge obligatorisch ist.

Im Kapitel 4 der Fachanforderungen für Englisch an der Berufsschule (Themenbereiche) findet sich ein Hinweis zur Ausführung schulinterner Curricula:

„In schulinternen Curricula findet die Konkretisierung bezüglich der Themenbereiche in Themen und Inhalte statt, die auf die Berufsbereiche bzw. die einzelnen Ausbildungsberufe zugeschnitten werden. Bei zentralen Fremdsprachenzertifizierungen sollte die Konkretisierung landesweit im Konsens abgestimmt werden. Auf den Folgeseiten werden möglich Beispiele aufgeführt.“[1]

Dies wird beispielhaft im Themenbereich „Kundenberatung“ gezeigt.
An der Struktur der Themenbereiche wird deutlich, wo die Anwendung insbesondere der englischen Sprache die berufliche Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler um eine transnationalen Kompetenzebene erweitert wird. Durch die Ausformulierung eines schulinternen Curriculums kann diese in den einzelnen Themenbereichen hervorgehoben werden. Aus dem folgenden Lehrplanauszug sei beispielhaft der Themenbereich “Umgang mit Kunden/Geschäftskorrespondenz/Zahlungsverkehr“ herausgegriffen:

Erweitert man die inhaltliche Präzisierung z.B. im Punkt „Kundenberatung“ um „Telefonate mit nicht deutschsprachigen Kunden/Lieferanten“; “internationaler E-Mail-Verkehr“ usw., ist zusätzlich zur allgemeinen beruflichen Fremdsprachenkompetenz die europäische Handlungskompetenzebene implementiert.

Berufsbildende Schulen können das KMK-Fremdsprachenzertifikat anbieten.
Besonders wertvoll, auch für die berufliche Zukunft der Schülerinnen und Schüler, ist das Angebot der KMK-Fremdsprachenzertifikate, das Sprachkompetenz auf den Niveaus A2, B1, B2 oder C1 bescheinigt. Für Schleswig-Holstein gibt es diese Prüfung für verschiedene Bereiche (Wirtschaft und Verwaltung, Technik und Gestaltung, Agrarwirtschaft, Gastgewerbe) und Sprachen (Englisch, Französisch, Dänisch, Russisch, Türkisch).

Die Teilnahme an der Prüfung steht allen Lernenden an berufsbildenden Schulen zur Verfügung. Sie sollte jedoch an der eigenen Schule abgelegt werden, wobei aber Ausnahmen zugelassen sind.

Auch die altsprachlichen Fächer leisten einen wichtigen Beitrag zur Europabildung.
An dieser Stelle soll auch auf den Wert der altsprachlichen Fächer in der Europabildung hingewiesen werden. Dabei spielt das Lateinische, das im Mittelalter in Europa als Schrift- und Bildungssprache die Rolle einer Lingua franca innehatte, gerade im Kontext der europäischen (Wissenschafts-)Geschichte eine große Rolle. Hierauf könnte beispielsweise in Rahmen von Klassenfahrten und bei fächerübergreifenden Projekten Bezug genommen werden. Viele altgriechische Texte laden darüber hinaus zur profunden Auseinandersetzung mit unseren europäischen Werten ein. Das antike Griechenland als die Wiege der Demokratie und der europäischen Philosophie bietet daher, genau wie das Lateinische, eine Fülle von Themen für die Zusammenarbeit mit anderen Fächern.



[1] Lehrplan für die Berufsschule (2008). Englisch. Ministerium für Bildung und Frauen des Landes Schleswig-Holstein, Kiel, in Kooperation mit Institut für Qualitätsentwicklung an Schulen, Kronshagen, Seite 12. Verfügbar unter Ministerium für Bildung und Frauen (schleswig-holstein.de) [21.9.2023

5.4 MINT-FÄCHER

MINT-Fächer können einen wichtigen Beitrag zur Europabildung leisten.
Die MINT-Fächer können für die Förderung der Europakompetenz herangezogen werden, indem sie beispielsweise die Bedeutung Europas in historischen und aktuellen Entdeckungen, Erfindungen und wissenschaftlich-technischen Netzwerken hervorheben. Gerade der Erfolg der europäischen Zusammenarbeit bei wichtigen Schritten in der Wissenschaftsgeschichte kann Lernenden den Wert dieses Kulturraumes für unseren heutigen Erkenntnisstand verdeutlichen. Die aktuelle erfolgreiche europäische Zusammenarbeit im MINT-Bereich kann dabei gewürdigt werden.

Als Beispiel dienen heutzutage europäische Institutionen wie das Patentamt, die Europäische Weltraumorganisation (ESA) sowie vielfältige europäische Förderprogramme und Netzwerke von Hochschulen. So gut wie jede Biografie erfolgreicher europäischer Wissenschaftler zeigt auf, dass der Erfolg auf einer europäischen, oft globalen Zusammenarbeit beruht. So wird, neben der Bedeutung Europas für Wissenschaft, auch der Charakter naturwissenschaftlichen Arbeitens („Nature of Science“) vermittelt.

 

Als Beispiel für den Einbezug von europäischer Wissenschaftsgeschichte in den Unterricht soll das Ergebnis einer zweistündigen Unterrichtseinheit im Biologieunterricht eines Q2-Kurses dienen. Aufgabe war es, die an der Entwicklung der Evolutionstheorie beteiligten Wissenschaftler mit ihrer gegenseitigen Beeinflussung auf einer Europakarte darzustellen. Das durchaus beeindruckende Ergebnis einer der Gruppenarbeiten findet sich hier:

 

Abbildung: Ergebnis einer Gruppenarbeit in Q2 eines Kieler Gymnasiums, mit freundlicher Genehmigung der vier Schülerinnen

Internationale Begegnungen sind Grundlage naturwissenschaftlicher Forschung, was erfahrungsorientiert vermittelt werden kann.
Darüber hinaus bieten MINT-Fächer in besonderer Weise Möglichkeiten für eine unterrichtliche Auseinandersetzung mit Themen für aktuelle internationale Kooperationen zwischen verschiedenen europäischen Ländern.
Idealerweise werden diese Erfahrungen von Schülern und Schülerinnen auch im Rahmen von Schüleraustauschen der Schule gemacht. Naturwissenschaftliche Fragegestellungen, sei es im experimentellen Bereich, bei der Planung gemeinsamer Umweltschutzmaßnahmen, der Diskussion ethischer Fragestellungen oder einer kreativen digitalen Projektidee schulen Kompetenzen im Bereich der interkulturellen Zusammenarbeit und bereiten auf ein Leben in Europa vor. Hier existieren, besonders bei größeren Projekten, großzügige Fördermöglichkeiten im EU-Programm Erasmus+ (s. Kapitel 6.7).

Europäisches Arbeiten ist auch ohne Mobilität digital möglich: Für weniger aufwendige europäische Begegnungs-Projekte bietet sich die eTwinning-Plattform an (Kapitel 7.5).

In den MINT-Fächern bietet sich fächerübergreifendes Arbeiten bei der Europabildung an.
Weitere Methoden und Lerninhalte vermitteln gerade im MINT-Unterricht wichtige Aspekte einer Europabildung. In Kooperation mit den Fremdsprachen eröffnen sich Möglichkeiten der gegenseitigen Bereicherung.
Beispielsweise können Lernende ihre fach- und fremdsprachlichen Kompetenzen im Kontext von MINT-Fächern verbessern, indem sie Fachliteratur in anderen Sprachen lesen oder die Themen mit Lernenden aus anderen Ländern diskutieren. Darüber hinaus kann mit Dokumentarfilmen oder Videoclips u.a. das fremdsprachliche Hörsehverstehen gefördert werden. Hier sei besonders auf die Mediathek des Senders arte verwiesen werden, dessen Filme zu fächerübergreifenden Themen einladen und inzwischen neben französischen auch Filme auf Englisch, Polnisch, Spanisch und Italienisch zeigen. Deutsche Untertitel können oft eingeblendet werden.

Die Aktion „Rent a scientist“ der CAU, die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in die Klassenzimmer bringt, kann aufzeigen, wie sehr Forschende auf die Zusammenarbeit im internationalen, europäischen Kontext angewiesen sind. Dabei wird ein weiteres Mal der Wert eines Zusammenlebens und –arbeitens verdeutlicht. Gleiches gilt für die Angebote von „Europa macht Schule“ (s. Kapitel 7.6).

Im Folgenden sollen beispielhaft curriculare Anknüpfungspunkte für die einzelnen Fächer mit Möglichkeiten eines fächerübergreifenden, handlungs- und erfahrungsorientierten Unterrichtes aufgezeigt werden:

-> 5.4.1 Mathematik

Die Mathematik spielt eine kaum zu überschätzende Rolle bei (europa-) politischen Entscheidungen.
Selten wird das Fach Mathematik im Kontext mit Europabildung genannt. Dabei liegen fast allen (europa-)politischen Entscheidungen mathematische Modelle, Berechnungen oder statistische Erhebungen zugrunde.

Die dafür notwendigen Erkenntnisse speisen sich zumeist aus Forschungsergebnissen, die im europäischen Austausch zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geschahen und geschehen. Biografien berühmter Mathematiker, z.B. Pythagoras, Pierre-Simon Laplace und Leonhard Euler sind stark mit der Geschichte und Entwicklung Europas verbunden, sodass ein Exkurs über die jeweilige Persönlichkeit fächerübergreifendes Arbeiten ermöglicht.

Auch der Mathematikunterricht bietet inhaltliche Bezüge zu Europathemen und kann darin fächerübergreifend gestaltet.
Dies spiegelt sich auch darin wider, dass sich europäische Bezüge in allen fünf Leitideen aus den Fachanforderungen Mathematik wiederfinden und sich entsprechende Aufgaben zu allen sieben mathematischen Kompetenzen anbieten.
In der Bearbeitung eines Themas mit europäischem Bezug sollte die Lehrkraft den Zusammenhang gegenüber den Lernenden betonen, statt den Inhalt lediglich ohne diesen Kontext zu unterrichten.

Ein Beispiel für das Rechnen mit verschiedenen internationalen Einheiten und weitere Möglichkeiten des europäischen Bezuges von Mathematik liefert die Jugendzeitschrift fluter.

Ein kurzer Abriss der Wissenschaftsgeschichte der Mathematik kann ebenfalls als Ausgangspunkt für weitere Recherchen von Lernenden genommen werden. Ein eindrückliches Beispiel dafür für die Integration von Europa-Themen in den Mathematikunterricht bietet das schulinterne Mathe-Europacurriculum des Wirteltor Gymnasiums aus Nordrhein-Westfalen.

Eine schier unübersehbare Fülle von Möglichkeiten bieten darüber hinaus anwendungsbezogene Aufgabenstellungen wie das Rechnen mit Bevölkerungszahlen, wirtschaftlichen Größen oder Werten aus dem sozialen Bereich. Entsprechende Aufgaben sind in Schulbüchern zu finden und können beispielsweise mithilfe von Eurostat aktualisiert werden.

Auch europabezogene Umfragen im eigenen Umfeld können Europabildung an der Schule bereichern. Zur Einführung in statistische Methoden in der Schule hat die Europäische Datenbank eurostat zusätzlich eine Unterrichtseinheit bereitgestellt. Da diese Seite zwar eine automatische Übersetzung anbietet, zumeist aber auf Englisch gestaltet ist, kann hier niedrigschwellig fächerübergreifend gearbeitet werden. Der Vorteil: Die Gewinnung von Daten aus Umfragen sowie deren Darstellung in Diagrammen lassen bereits sinnvoll im Sekundarbereich I durchführen.

Die Erstellung und Auswertung von (europabezogenen) Umfragen wird darüber hinaus mit dem Angebot von Grafstat perfektioniert. Gleichzeitig lädt dieses Tool mit den verfügbaren Themenvorschlägen zum fächerübergreifenden Arbeiten an.

Darüber hinaus sei auch darauf verwiesen, dass Mathematik-Projekte, beispielsweise bei statistischen Erhebungen im Rahmen von Umweltthemen, sehr gut für fächerübergreifende Projekte bei Mobilitäten (s. Kapitel 6) oder digitalen Begegnungen im Rahmen von eTwinning (Kapitel 7.5) geeignet sind.

Dass Mathematik junge Menschen aller Nationen zusammenbringt, zeigt die große Fülle von internationalen Schülerwettbewerben Mathematik auf der Seite der deutschen Mathematiker-Vereinigung verlinkt sind und in Auszügen in Kapitel 7.7.6 vorgestellt werden.

Für interessierte Mathematik-Lehrkräfte besteht übrigens auch eine Möglichkeit internationaler Erfahrung in der European Mathematical Society.

-> 5.4.2 Informatik

Das Fach Informatik leistet einen wichtigen Beitrag zur Europabildung.
Die verstärkte Digitalisierung unserer Welt eröffnet großartige Möglichkeiten der Kommunikation und prägt nicht nur die europäische Gesellschaft zunehmend. Gleichzeitig sind aber mit dieser Technik auch Herausforderungen verbunden, denen im Fach Informatik begegnet wird. Die Fachanforderungen Informatik für den Sekundarbereich formulieren:

„Neben informatischem Fachwissen erwerben die Schülerinnen und Schüler die Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für eine sinnvolle, verantwortungsvolle und kompetente Nutzung informatischer Systeme und eine differenzierte Bewertung der gesellschaftlichen Folgen notwendig sind. Die dazu nötigen Kompetenzen vermittelt der Informatikunterricht.“ [1]

Diese Ziele gelten auch für den Unterricht des Sekundarbereiches II[2]

Das Fach Informatik hat daher eine zentrale Bedeutung in der Vorbereitung der Jugendlichen auf eine Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben in Europa und der Welt. Dabei geht es einerseits darum, dass digitale Medien genutzt werden können, gleichzeitig aber auch die Herausforderungen in der Bewertung von Informationen, im Datenschutz und in der Rolle der künstlichen Intelligenz bewältigt werden.

Die EU begegnet den digitalen Herausforderungen.
Es sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass die EU den mit der Digitalisierung verbundenen Aufgaben in vielerlei Hinsicht begegnet. Bestimmungen zum Datenschutz wie hier, oder Gesetze zur adäquaten Nutzung künstlicher Intelligenz hier, ebenso wie Maßnahmen zur Bekämpfung von Fehlinformationen hier können den Lernenden als Errungenschaften unseres Staatenverbundes nahegebracht werden.

Zusätzlich gibt es internationale Angebote wie das „International Certification of Digital Literacy“, ein international anerkanntes Informatik-Zertifikat über den Stand digitaler Kenntnisse und Fähigkeiten. Früher bekannt als „European Computer Driving License“ bzw. „Europäischer Computerführerschein“ stellt es das Erlernte in einen globalen Zusammenhang und öffnet ggf. später Türen im beruflichen Kontext. Es sei an dieser Stelle darauf verwiesen, dass es barrierefreie Prüfungsangebote gibt, die auch beispielsweise Menschen mit Legasthenie einen Erwerb des Zertifikates ermöglichen.

Das Fach Informatik bietet sich für eine fächerübergreifende Integration europäischer Themen an.
Gleichzeitig bietet das Fach Informatik auch in der Festlegung der inhaltsbezogenen Inhalte der Fachanforderungen viele Möglichkeiten, die konkreten Unterrichtsinhalte mit attraktiven europäischen Themen zu füllen. Prüfung von Metadaten in Bild- und Textdokumenten kann anhand von Informationen über die EU geschehen, der Umgang mit Suchfunktionen im Sekundarbereich I kann europäische Themen zum Gegenstand haben, Daten aus selbst erhobenen Europa-Umfragen (aus dem Geschichtsunterricht) können im Informatikunterricht ausgewertet (s. Kapitel 5.4.2: Informatik) oder, vielleicht in Kooperation mit dem Fach Kunst, in Postern bzw. Flyern dargestellt werden.

Nicht zuletzt bietet das Fach Informatik Möglichkeiten für kreative Projekte bei Schüleraustauschen oder eTwinning-Projekten (s. Kapitel 7.5)



[1] Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein (2021). Fachanforderungen Informatik allgemeinbildende Schulen Sekundarstufe I Sekundarstufe II, Seite 10, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/faecher/informatik/fachanforderungen.html
[2] Ebd. Seite 34.

-> 5.4.3 Biologie

Der Biologieunterricht bietet viele Ansatzpunkte für europäisches Lernen.
In kaum einem anderen MINT-Fach können Bezüge zum Alltag der Lernenden so einfach hergestellt werden wie in der Biologie. Insofern bietet gerade dieses Fach viele Möglichkeiten zum schülerzentrierten Arbeiten im europäischen Kontext, wobei fächerübergreifendes, erlebendes Lernen gut integrierbar ist. Angefangen von Möglichkeiten, fremdsprachliche Materialien einzubeziehen, können Lehrkräfte der ästhetischen Fächer biologische Inhalte aufnehmen und den Lernenden eine Erfahrung mit allen Sinnen ermöglichen. Dies kann beispielsweise durch szenische Umsetzungen im darstellenden Spiel genauso gelingen wie in der bildenden Kunst durch Installationen, Poster oder Skulpturen. Sogar im Musikunterricht können thematische Anknüpfungspunkte, beispielsweise in der musikalischen Darstellung von Natur oder in Liedern gegen Umweltzerstörung gefunden werden. Der bereits mehrfach erwähnte Europäische Wettbewerb (Kapitel 7.7.1) lädt besonders zu diesen fächerübergreifenden Ansätzen ein.

Eine besondere Möglichkeit dafür bieten ökologische Themen.
Curriculare Anbindungsmöglichkeiten finden sich insbesondere im Thema Ökologie: Das Thema Biodiversität (in Europa) oder Naturschutzgebiete vor Ort können als Internetrecherche gestaltet werden. Deutlich eindrücklicher wird dies im europäischen Kontext, beispielsweise durch ein eTwinning-Projekt mit einer Schule in Süd- oder Nordeuropa, in dem die lokale Flora- und Fauna vorgestellt werden. Wenn sich daraus eine Schulpartnerschaft ergibt, die auch persönliche Kontakte ermöglicht, werden darüber hinaus deutlich mehr Kompetenzen geschult als im Klassenzimmer.

Ähnliche Projekte bieten sich bei vielen anderen thematischen Schwerpunkten an: Der CO2-Abdruck einer schleswig-holsteinischen Klasse/ Schule kann mit dem einer anderen europäischen Klasse verglichen werden. Dabei sichtbar werdende Unterschiede oder Parallelen könnten diskutiert, grafisch dargestellt, gegebenenfalls publiziert werden und in gemeinsamen Aktionen vor Ort münden.

Europäische Umweltpolitik kann Jugendliche zu politischem Engagement motivieren.
Im Kontext ökologischer Themen ist es wichtig, auf die vielfältigen europäischen Naturschutzprogramme[1] hinzuweisen, die einen unmittelbaren Einfluss auf nationale politische Entscheidungen haben. Die Förderung des Umweltschutzes auf europäischer Ebene und die Sicherung einer lebenswerten Zukunft für die junge Generation verdeutlichen die Bedeutung unseres Staatenverbundes für ihr persönliches Leben. An diesem Punkt erkennen Schülerinnen und Schüler, dass sich eine Beteiligung auf europäischer Ebene lohnen kann, da die dort diskutierten Maßnahmen die Anliegen vieler Jugendlicher betreffen. Planspiele bieten in diesem Zusammenhang eine Möglichkeit, die Argumentationsfähigkeit der Jugendlichen zu schulen und politische Entscheidungsprozesse, insbesondere im Umweltbereich, transparent zu machen (s. Kapitel 7.4: Planspiele)

Auch die Humanbiologie sowie andere Themengebiete haben europäische Bezüge.
Darüber hinaus bietet sich das Themengebiet Humanbiologie für europäische Bezüge an. Ernährungsgewohnheiten in den verschiedenen Ländern, die Gesundheitsversorgung (z.B. Maßnahmen der Europäischen Kommission gegen Krebs)[2] können sowohl bei Kindern wie auch bei Jugendlichen Interesse hervorrufen und das Lernen in einer europäischen Dimension sichtbar machen. Ebenfalls können sich Schülerinnen und Schüler mit verschiedenen Gesundheitssystemen in Europa auseinandersetzen und untersuchen, welche Unterschiede und Gemeinsamkeiten es gibt. Dabei informieren sie sich über die Rolle von europäischen Institutionen wie der Europäischen Arzneimittel-Agentur.

Alle weiteren Themen, sei es Physiologie (besonders auch Fotosynthese), Genetik oder Evolutionstheorie bieten weitere Möglichkeiten, gerade in der Wissenschaftsgeschichte, europäische Bezüge herzustellen. Es bietet sich an, hier mit den Lernenden die Notwendigkeit gemeinsamen Arbeitens über Ländergrenzen hinaus zu thematisieren.

Das Fach Biologie kann auf diese Weise dazu beitragen, dass Schülerinnen und Schüler ein besseres Verständnis für die europäische Umwelt- und Gesundheitspolitik entwickeln, sich fächerübergreifend, handlungs- und erfahrungsorientiert mit aktuellen Fragen wie Klimawandel, Artensterben und Migration auseinandersetzen. Zudem können sie lernen, wie europäische Institutionen und Programme zur Förderung des Umwelt- und Naturschutzes beitragen und wie interkulturelle Zusammenarbeit in diesem Bereich funktionieren kann.

Auch sei an dieser Stelle auf Themen im Europäischen Wettbewerb verwiesen, in dem regelmäßig Aufgaben auf Bereiche der Biologie wie Bioethik, Artenvielfalt in Europa oder Umweltthemen fokussieren.



[1] https://www.eea.europa.eu/de/signale/signale-2021/artikel/auf-einen-blick-eu-rechtsvorschriften [31.7.2023]
[2] https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/promoting-our-european-way-life/european-health-union/cancer-plan-europe_de [31.7.2023]

-> 5.4.4 Chemie

In der Chemie finden sich viele Zusammenhänge zu europäischen Themen.
Auch in dem Fachbereich der Chemie spielt Europa sowohl wissenschaftshistorisch wie auch in Bezug auf wirtschaftliche sowie wissenschaftliche Beziehungen eine große Rolle. Es kann für Lernende den Blick weiten, wenn sie auf Einrichtungen wie die Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA, englisch European Medicines Agency) in Amsterdam (vormals London) oder das Europäische Patentamt (EPO) in München hingewiesen werden.

Viele chemische Themen zeigen die Bedeutung des wissenschaftlichen Arbeitens in Europa.
Zuletzt sei noch erwähnt, dass auch in der Chemie einige europäische Dimensionen fachimmanent sind. Die Entwicklung der heutigen Atomvorstellungen und des Periodensystems, wichtige Entdeckungen/ Erkenntnisse wie die über die Struktur des Benzolrings, die Techniken zur Herstellung von Ammoniak, Farbstoffen oder des Dynamits beruhen auf wissenschaftlichem Arbeiten in Europa und zeigen Lernenden die Bedeutung unseres Kontinentes. Eine anspruchsvolle Möglichkeit, diese Wissenschaftsgeschichte in Schwerpunktkursen der Oberstufe aufzuzeigen, wäre die Geschichte des Laktose Nachweises in Europa, die hier in einer Dissertation beschrieben wird.

Diese Zusammenhänge können genutzt werden, um Lernenden einen Einblick in die Chancen und Möglichkeiten zu geben, die das Zusammenleben und die Zusammenarbeit im europäischen Raum ermöglicht. Vor allem Leistungen der Europäischen Union in Bezug auf Umwelt- oder Patientenschutz gehören als wichtige kognitive Lernziele in den Chemie-Unterricht der allgemeinbildenden Schulen. Dabei lohnt sich auch ein Blick auf die REACH-Verordnung, die auf europäischer Ebene den Umgang mit Chemikalien regelt und alleine durch die Komplexität einen Einblick in die Arbeit leistet, die auf EU-Ebene für die Sicherheit der Menschen erbracht wird.

Fächerübergreifender Unterricht erweitert diese Themen um wichtige Lerndimensionen und zeigt berufliche Chancen auf.
In diesem Zusammenhang sind auch gerade Umweltthemen in allen Klassenstufen für fächerübergreifendes Arbeiten geeignet. Eine Zusammenarbeit mit ästhetischen Fächern kann die so wichtige emotionale Ebene stärker einbeziehen, die sozialwissenschaftlichen Fächer weiten den Blick der Lernenden auf die Verortung der Chemie in Gesellschaft oder Politik und können, gerade im Hinblick auf die politische Dimension, wertvolle Kooperationen ermöglichen. Kaum zu unterschätzen ist ein Verständnis des Klimawandels oder der Notwendigkeit eines Schutzes der Meere, zu dem das Fach Chemie einen wichtigen Beitrag im fächerübergreifenden Arbeiten leisten kann, wie bereits in der Einleitung zu den MINT-Fächern dargelegt wurde.

Abgesehen von der Bedeutung dieser Themenfelder für die Erziehung der Jugendlichen zu mündigen Europäern und Europäerinnen zeigen diese Beispiele auch attraktive Möglichkeiten für eine berufliche Karriere im europäischen Kontext auf.

-> 5.4.5 Physik

Europäische und internationale Zusammenarbeit sind für die Physik unverzichtbar.
Wie andere Naturwissenschaften wäre weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft die Physik ohne eine Zusammenarbeit im europäischen und internationalen Kontext denkbar. Angefangen von europäischen Institutionen wie der European Synchroton über das Europäische Patentamt, die European Space Agency ESA, CERN in Genf, bis zum Max-Planck-Institut in Deutschland - keine der Institutionen würde ohne die Bereitschaft der Mitarbeitenden zu Toleranz, Wertschätzung und dem Willen zur Arbeit an einem gemeinsamen Projekt, auch über Sprachbarrieren hinweg, erfolgreich sein.

Dies zu vermitteln ist ein wichtiges Ziel der Europabildung im Physikunterricht. Dabei geht es nicht nur um den Erwerb von Sachkompetenz, wie z.B. die Thematisierung wissenschaftsgeschichtlicher Fragestellungen oder von Maßeinheiten in anderen Ländern wie hier, sondern auch um die Bedeutung von Sozial- und Selbstkompetenz.

In der Physik liegen Möglichkeiten für fächerübergreifendes Arbeiten, das auch emotionale Lernziele anspricht.
In diesem Kontext liegen auch große Möglichkeiten für fächerübergreifendes Arbeiten mit ästhetischen oder sprachlichen Fächern. Ideen für derartige Umsetzungen können die bereits aufgearbeiteten Geschichten für das Fach Physik im Projekt „Storytelling in den Naturwissenschaften“ geben. Hier werden weitere Inhalte wie die Entwicklung des Atommodells in Europa und Biografien wichtiger europäischer Wissenschaftler wie Galileo Galilei, Isaac Newton, Marie Curie und Albert Einstein vorgestellt. Anhand dieser Themenbereiche kann auch erkannt werden, wie wichtig internationales Arbeiten ist.

In der Physik, genauso wie in anderen naturwissenschaftlichen Fächern, bieten sich darüber hinaus Umweltthemen hervorragend für fächerübergreifende Ansätze an. Möglichkeiten einer Kooperation mit den Fremdsprachen ergeben sich durch entsprechende Fachtexte und Videos.
Die Zusammenarbeit mit ästhetischen Fächern kann die wichtige emotionale Dimension, stärker einbinden. Sozialwissenschaftliche Fächer erweitern den Horizont der Lernenden hinsichtlich der Einbindung der Physik in Gesellschaft und Politik.
Auch das Verständnis des Klimawandels und die Notwendigkeit einer nachhaltigen Energiepolitik sollten im europäischen Kontext keinesfalls unterschätzt werden. Hier kann das Fach Physik einen bedeutsamen Beitrag im Rahmen interdisziplinärer Arbeit leisten. Besonders hervorzuheben ist, dass diese Thematik die Dringlichkeit gemeinschaftlicher europäischer Lösungsansätze nachdrücklich verdeutlicht und damit auch motivationale und volitionale Aspekte einer Europakompetenz anspricht.

Abgesehen von der Bedeutung dieser Themenfelder für die Erziehung der Jugendlichen zu mündigen Europäern und Europäerinnen zeigen diese Beispiele auch attraktive Möglichkeiten für eine berufliche Karriere im europäischen Kontext auf, beispielsweise bei international arbeitenden Institutionen.

Europäische und internationale Forschungseinrichtungen bieten Einblicke in ihre Arbeit.
Vor diesem Hintergrund bietet die ESA eine Teacher’s Corner und eine Seite mit Unterrichtsmaterialien, auch für jüngere Lernende an. Lehrkräften werden Schulungen angeboten und es können Videos oder Informationsmaterial heruntergeladen werden.

Deutlich weniger Material, dafür aber ein kostenfreies Forschungsprojekt vor Ort (beispielsweise im Rahmen einer Kursfahrt nach Frankreich) bietet das European Synchroton hier.

Einfacher ist ein Besuch im Deutschen Elektronen-Synchroton, DESY in Hamburg, der ab November 2023 wieder buchbar ist und einen Einblick in internationales Arbeiten erlaubt. Darüber hinaus wenden sich auch das CERN unter dieser Adresse oder das Münchner Max-Planck-Institut für Physik mit Angeboten an Kinder und Jugendliche.

5.5 GEISTESWISSENSCHAFTLICHE FÄCHER

Die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer haben eine zentrale Aufgabe in der Europabildung.
Die klassische Europabildung ist traditionell in den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern verankert, da sie dazu beitragen, ein umfassendes Verständnis für die politischen, sozialen, historischen und wirtschaftlichen Zusammenhänge Europas zu erlangen. In diesen Fächern werden daher zumeist kognitive Lernziele erreicht, die für den Erwerb einer umfassenden Europabildung unerlässlich sind.

Sie schützen vor einem falsch verstandenen Europabild und fordern zum Handeln auf.
Dass in diesen Fächern auch Raum für europakritische Stimmen sein muss, die Einhaltung europäischer Werte in Europa diskutiert werden soll und damit einem Verständnis von „Festung Europa“ vorgebeugt wird, sind weitere wichtige Aufgaben im Rahmen des Erwerbs von europäischer Handlungskompetenz.

Gerade diese Momente sind es jedoch, die Jugendliche zum Handeln auffordern können und damit zur aktiven politischen Stellungnahme. Die Erkenntnis, dass die jungen Menschen die Zukunft auf unserem Staatenbund mitgestalten dürfen und sollen, muss schon in der Schule vorbereitet werden.

So bieten die gesellschaftswissenschaftlichen Fächer viele Anknüpfungspunkte für eine handlungs- und erfahrungsorientierte Heranführung an europäische Themen, die im Folgenden aufgeführt werden und damit die so wichtigen Lernziele im motivationalen und volitionalen Bereich erreichen.
So kann beispielsweise durch Planspiele, Exkursionen oder Diskussionen mit Experten ein lebendiger Einblick in die politischen, wirtschaftlichen und religiösen Zusammenhänge Europas erlangt werden. Die Geschichte Europas kann durch den Besuch von Museen, Gedenkstätten oder historischen Orten lebendig werden und emotional aufgearbeitet werden. „Lernen am anderen Ort“ wird hier zu einem bedeutsamen Faktor für den Lernerfolg.

Dass diese Erfahrungen außerhalb des Klassenzimmers dadurch verstärkt werden, dass sie mit Lernenden anderer europäischer Länder geteilt werden und aus dem Gelernten praktische Aktionen resultieren, soll an dieser Stelle besonders hervorgehoben werden.

-> 5.5.1 Geschichte

Europabildung ist eine der Kernaufgaben des Geschichtsunterrichtes.
Im Fach Geschichte beschäftigen sich die Schüler und Schülerinnen mit der historischen Entwicklung des europäischen Kontinents und lernen, dass sowohl Phasen der Kooperation als auch des Konfliktes zu einer gegenseitigen Beeinflussung geführt haben, sodass gemeinsame Werte und Traditionen entstanden sind, heute aber das Fortschreiten der europäischen Integration von einer friedlichen Entwicklung abhängig ist.

Damit stehen europäische Themen im Mittelpunkt des Geschichtsunterrichtes. Es werden Kenntnisse über die teilweise konfliktreichen Beziehungen der europäischen Staaten in der Vergangenheit vermittelt und ein Bewusstsein geschaffen für die friedenssichernde Rolle der EU, die nach den Katastrophen der beiden Weltkriege ein entscheidender Grund für deren Entstehung war.

Geschichtsunterricht beugt einem Eurozentrismus vor.
Wie bereits erwähnt, ist es notwendig, die Auseinandersetzung mit der Geschichte Europas, um eine externe Perspektive zu erweitern. So sollte die europäische Geschichte stets im globalen Kontext betrachtet werden. Dies schließt Themen wie die europäischen Kolonialreiche, den Einfluss europäischer Mächte auf andere Regionen sowie die Herausforderungen und Möglichkeiten der Globalisierung mit ein. Damit wird die Fähigkeit zum Perspektivwechsel, der für ein Zusammenleben innerhalb Europas essenziell ist, auch auf globaler Ebene geübt.

Die „Beschäftigung mit den historisch gewachsenen Denkmustern, Wertmaßstäben und Lebensgewohnheiten fremder Epochen und ihren Spuren in der eigenen Lebenswelt trägt dazu bei, rational und kritisch fundierte Positionen im Sinne eines historisch-politischen Urteilsvermögens zu gewinnen. Mit der Entwicklung dieses Urteilsvermögens werden die Schülerinnen und Schüler zugleich in die Lage versetzt, am demokratischen Gemeinwesen und an der Gestaltung der politischen Kultur teilzuhaben.“[1]

Geschichtsunterricht bietet viele Möglichkeiten für fächerübergreifendes Arbeiten.
Lehrkräften im Fach Geschichte stehen viele Methoden zur Verfügung, die die Lernenden über die rein kognitiven Lernziele hinaus ansprechen und zur Schulung von Selbst – und Sozialkompetenz im europäischen Kontext beitragen können.

… mit ästhetischen Fächern.
Besonders dann, wenn die ästhetischen Fächer in fächerübergreifendem Unterricht beispielsweise mit szenischen Darstellungen wichtiger historischer Ereignisse mit Mitteln der bildenden Kunst oder auch in Bezug auf politische Lieder einbezogen werden, kann dies gelingen. Diese Projekte eignen sich auch sehr gut für die Präsentation in einem schulischen Kontext, sodass die gesamte Schulgemeinschaft davon profitieren kann.

… mit den Sprachen.
Das forschende Lernen im eigenen Umfeld kann ebenfalls europäische Geschichte lebendig werden lassen. Die Ergebnisse können beispielsweise in Kooperation mit der Deutsch-Lehrkraft zu beeindruckenden Zeitdokumenten werden, szenisch als Bericht eines Zeitreisenden umgesetzt werden oder mit der Sport-Lehrkraft in einer Rallye für den Sporttag aufbereitet werden.

… im Theater.
Eine großartige Möglichkeit für die Kooperation mit dem Fach Französisch ermöglicht der Kabarettist Alfons in Zusammenarbeit mit einer Französisch-Lehrkraft aus Mainz. Das Angebot besteht aus vorbereitenden Materialien zu den deutsch-französischen Beziehungen im 20. Jahrhundert und einer abschließenden Teilnahme an dem Theaterstück „Alfons, jetzt noch deutscherer“, das auch auf der didactica vorgestellt wurde und für das hier die Termine in der Nähe zu finden sind.

…und im handlungs- sowie erfahrungsorientierten Lernen.
Besonders gewinnbringend ist die Auseinandersetzung mit europäischer Geschichte dann, wenn sie gemeinsam mit jungen Menschen anderer Länder im Rahmen von Mobilitäten möglich wird. Der Besuch im KZ Auschwitz mit Lernenden aus Polen ermöglicht die Auseinandersetzung mit einer der schrecklichsten Zeiten der europäischen Geschichte und damit die tiefgreifende Erkenntnis, dass so etwas nie wieder passieren darf. Besonders zu empfehlen ist das Projektes #Stolen Memory, bei dem Nachfahren von KZ-Häftlingen gesucht werden, um ihnen die Wertgegenstände zurückzugeben, die ihren Vorfahren von den Nationalsozialisten abgenommen wurden.
Gemeinsame Projekte ermöglichen Versöhnungsarbeit und lassen die Bedeutung der europäischen Werte im Kontrast zu den Gräueltaten in der Zeit des Dritten Reiches besonders plastisch hervortreten. Jugendliche, die den Weg der Ermordeten recherchiert haben, z.B. die Schicksale hinter den Stolpersteinen, werden diese Erkenntnis auch über die Schulzeit hinaus mitnehmen. Diese Begegnungen werden finanziell durch Jugendwerke und andere Organisationen gefördert (s. Kapitel 6.7. Finanzierung von Mobilitäten).

Zuletzt soll noch auf die Möglichkeit der Teilnahme an Wettbewerben hingewiesen werden, wie dem Europäischen Wettbewerb oder dem Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten. Alle diese Wettbewerbe fördern eigenständiges Arbeiten der Jugendlichen und bringen sie damit in handlungsorientiertes Lernen.


[1] Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein (2016). Fachanforderungen Geschichte, Sekundarbereich, Seite 12, nicht barrierefreie Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/geschichte.html [11.8.2023].

-> 5.5.2 Wirtschaft/ Politik

Das Fach Wirtschaft/ Politik hat eine zentrale Aufgabe in der Europabildung.
Wie auch im Fach Geschichte werden in Wirtschaft/Politik die fachlichen Grundlagen gelegt, um die Entwicklung der Kooperation auf europäischer Ebene zu verstehen. Die Schüler und Schülerinnen erwerben Kenntnisse über die Genese der EU, ihre Institutionen und die Entscheidungsprozesse.

Die SuS begreifen, dass die europäische Integration ein nicht abgeschlossener Prozess ist, den sie kritisch begleiten sollen. Dabei reflektieren sie, welche europäischen Werte handlungsleitend sind. Es wird ein Bewusstsein dafür geschaffen, dass nur ein Ausgleich unterschiedlicher Interessen die Möglichkeit zur Bewahrung des Friedens herstellt und dies eine fortwährende Aufgabe darstellt, die die aktive Teilnahme aller erfordert und zur politisch-gesellschaftlichen Teilhabe auf lokaler, nationaler und europäischer Ebene befähigt und ermutigt, an dem sie also auch selbst gestaltend teilhaben sollen. So sind Fragen nach der Zukunft Europas und den Möglichkeiten der Mitgestaltung zentral. Damit hat das Fach Wirtschaft/ Politik per se eine zentrale Aufgabe in der Vermittlung von Europakompetenz, wie auch in den Fachanforderungen formuliert:

„Das übergeordnete Ziel des Faches Wirtschaft/Politik ist die Befähigung der Schülerinnen und Schüler in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft als mündige Bürgerinnen und Bürger kommunikativ und partizipativ zu handeln.“[1]

Auch hier wird vermittelt, dass Europa einen Wirtschafts- und Rechtsraum in der Welt darstellt, der gleichwertig mit anderen Kontinenten in vielfältige Kooperationen eingebunden ist. Dabei werden Schülerinnen und Schüler darauf vorbereitet, sich in einer globalisierten Welt zu orientieren und mit anderen Regionen und Akteuren auf Augenhöhe zu agieren.

Große Anstrengungen macht dabei die Europäische Zentralbank in der Vermittlung ihrer Strategien, auch für die Verwendung in der Schule hier, oder, konkreter, in einem englischen Zeichentrickfilm zur Preisstabilität hier.

Darüber hinaus bietet das Europäische Parlament hier individuell zugeschnittene online-Präsentationen für Jugendgruppen an.

Das Fach bietet viele Ansätze für fächerübergreifendes sowie handlungs- und erfahrungsorientiertes Lernen im europäischen Kontext.
Eine besondere Bedeutung kommt in diesem Kontext jedoch der handlungs- und erfahrungsorientierten Vermittlung von Lerninhalten zu, da damit die stärker emotional geprägten Kompetenzen geschult werden, die bei der Bildung einer europäischen Identität unverzichtbar sind:

Sinnvoll sind dabei vor allen Dingen Planspiele, bei denen die Komplexität politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen hautnah erfahrbar wird. Diese Erkenntnis wird die Lernenden vor der Simplifizierung politischer Prozesse bewahren, die sich häufig in extremistischen politischen Positionen findet. Nur mit dieser Erkenntnis werden junge Menschen in die Lage versetzt, die in einer Demokratie notwendigen, langwierigen Diskurse auszuhalten und daran teilzunehmen. Schleswig-Holstein bietet in dieser Richtung viele Angebote, die in dem Kapitel 7.4.: Planspiele ausführlich dargestellt werden.

Auch Angebote von Jugend debattiert trainieren die Sprechfähigkeit der Jugendlichen und bereiten sie auf ihre Rolle in demokratischen Prozessen auf nationaler und europäischer Ebene vor.

Weitere exzellente Methoden der Europabildung bieten der EU-Projekttag oder die Kooperation mit ästhetischen, natur- oder geisteswissenschaftlichen Fächern. Die Fachanforderungen Wirtschaft/ Politik nennen folgende fächerübergreifende Themen[2]:

·       Grundwerte menschlichen Zusammenlebens

·       Nachhaltigkeit der ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung

·       Gleichstellung und Diversität

·       Partizipation.

Selbst durchgeführte Interviews über diese Themen mit Entscheidungstragenden, Kampagnen/ Plakate für fiktive politische Parteien oder ein Rap mit einer politischen Botschaft kann die Jugendlichen in Kooperation mit anderen Lehrkräften vom Reden zum Handeln führen. Darüber hinaus bringt die Behandlung umweltpolitischer Themen unter dem Aspekt wirtschaftlicher und sozialer Notwendigkeiten die Naturwissenschaften und die geisteswissenschaftlichen Fächer zusammen.

Damit kann gerade dieses Fach viel zur europabezogenen Handlungsfähigkeit beitragen.
Gerade dann, wenn sich aus dem Unterricht Handlungsaufforderungen ergeben, sei es das Schreiben eines Artikels für die lokale Zeitung, eine Aktion auf dem Marktplatz, eine Ausstellung für die Schule oder eine selbst erstellte Dokumentation, wird ganzheitliches und damit nachhaltiges Lernen möglich, das die europabezogene Handlungsfähigkeit fördert.



[1] Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein (2016). Fachanforderungen Wirtschaft/Politik (2015), S. 12, nicht barrierefreie Version, verfügbar unter file:///C:/Users/Andy/Downloads/Fachanforderungen%20WirtschaftPolitik%20Sekundarstufe%20(2016).pdf [11.8.2023].
[2] Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein (2015) Fachanforderungen Wirtschaft/Politik (2015), S. 12, nicht barrierefreie Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/wirtschaft-politik.html [11.8.2023].

-> 5.5.3 Geografie

Geografie verbindet verschiedene Fachrichtungen und leistet einen wichtigen Beitrag zur europabezogenen Handlungsfähigkeit.
In kaum einem anderen Fach ist Europabildung so stark verankert wie im Fach Geografie und bietet derart viele Möglichkeiten für fächerübergreifende Europa­-bildung. Hier setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit den naturräumlichen Gegebenheiten der Staaten Europas auseinander. Sie lernen, dass Auswirkungen des Klimawandels nicht auf Nationalstaaten begrenzt bleiben und nur grenzüberschreitend Lösungen die Probleme erfolgreich beheben können. Darüber hinaus setzen sich die Lernenden mit den wirtschaftlichen Verflechtungen in Europa auseinander, begreifen die enge Verzahnung der Volkswirtschaften und reflektieren wechselseitige Abhängigkeiten, die die Solidarität der Staaten erfordern. Außerdem werden die internationalen wirtschaftlichen Verflechtungen und die Verantwortung der europäischen Partner für die Produktionsbedingungen in anderen Teilen der Erde thematisiert.

„Dieser integrative Ansatz […] trägt in besonderem Maße dazu bei, multiperspektivisches, systemisches, problemlösendes und interkulturelles Denken, konkretes Handeln und die Übernahme von Verantwortung im Sinne einer Bildung für nachhaltige Entwicklung zu fördern“[1]

Geografieunterricht bietet viele Möglichkeiten für grenzüberschreitende handlungs- und erfahrungsorientierte Europabildung.
Damit zielt der Geografieunterricht in das Zentrum des Erwerbs von europäischer Handlungskompetenz. Viele Möglichkeiten zum ganzheitlichen Lernen finden sich daher bei den Ansätzen Bildung nachhaltige Entwicklung sowie im Abschnitt über Planspiele.

Wie auch in den anderen gesellschaftswissenschaftlichen Fächern bieten sich Themen aus dem Geografie-Unterricht als Grundlage für Erasmus Plus- oder eTwinning-Projekte an (s. dort). Seien es dabei das aktuelle Umfeld der Lernenden, Flora und Fauna der Klimazone, der Austausch über aktuelle Fragen oder Herausforderungen in der Energieversorgung vor Ort – Lernende können in die Auswahl der Themen einbezogen werden und für sie inter-essante Aspekte benennen. Der dann ermöglichte Austausch mit Gleichaltrigen über die aktuelle Situation und ihre Perspektiven, die Zukunft Europas und der Welt ermutigen dabei zum gemeinsamen Handeln und damit zur Übernahme von Verantwortung im Sinne einer nachhaltigen Lebensweise.

Dass sich darüber hinaus topografische Themen für die Erstellung eines Quiz‘ eignen, ein digitaler Austausch über das Leben in verschiedenen Klimazonen Europas auch für jüngere Lernende in einem eTwinning-Projekt reizvoll sein kann – all das können nur Anregungen sein, im Fach Geografie handlungs- und erfahrungsorientierte Europabildung noch stärker zu verankern.

Gerade diese Unterrichtseinheiten haben eine positive Wirkung über die Schulzeit hinaus.
Jede Maßnahme, die den Lernenden Gelegenheit bietet, ihre Umwelt im Einklang mit europäischen Werten und einer nachhaltigen Lebensweise positiv zu beeinflussen, wird daher dazu beitragen, junge Menschen im Sinne eines gesellschaftspolitischen Engagements zu ermutigen. Diese Ermutigung wird sich über ihre Schulzeit hinaus erstrecken, sodass sie sich auch danach noch als verantwortungsbewusste europäische Bürger aktiv an der Gestaltung der Zukunft unseres Staatenverbundes beteiligen.



[1] : Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein (2015). Fachanforderungen Geographie Sekundarstufe, S. 12, nicht barrierefreie Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/faecher/geographie/fachanforderungen.html [11.8.2023].

-> 5.5.4 Philosophie/ Religion

Die in diesen Fächern vermittelte Sachkompetenz ist Basis für europabezogene Handlungskompetenz.
Die Anforderungen an eine Orientierung in Europa betreffen nicht nur Themen aus Politik, Wirtschaft und Nachhaltigkeit. Unser Kontinent beherbergt eine Vielfalt weltanschaulicher Positionen, die von jungen Europäerinnen und Europäern verstanden und eingeordnet werden müssen. Besonders im städtischen Zusammenleben gewinnt der interkulturelle und interreligiöse Dialog, der auf fundierter Sachkompetenz beruhen muss, an Bedeutung. In dieser Hinsicht obliegt es den Unterrichtsfächern Philosophie und Religion, zunächst das Verständnis für vielfältige Weltanschauungen, Glaubensrichtungen und Mentalitäten zu fördern. Dabei bietet sich die Gelegenheit, die Geschichte dieser Fächer auf unserem Kontinent zu beleuchten und somit faszinierende Aspekte der europäischen Kultur und deren Beeinflussung durch andere Kulturen zu vermitteln.

Der rein kognitive Ansatz kann durch Erlebnis – und Handlungsorientierung im fächerübergreifenden und internationalen Kontext erweitert werden.
In jüngeren Klassen sind dabei die Feste verschiedener Religionen ein attraktives Thema, gerade dann, wenn sie in einer multikulturellen Schulgemeinschaft oder virtuell mit einer anderen Klasse in Europa gefeiert werden. Die Geschichte der Reformation in Europa oder das Zeitalter der Aufklärung bieten neben rein kognitiven Lernzielen auch Möglichkeiten der Zusammenarbeit mit den Fächern Darstellenden Spiel und Kunst. Zu handlungsorientiertem Lernen ermutigt auch der Europäische Wettbewerb, der mit aktuellen, schülernahen Aufgaben immer auch das Denken in europäischen Dimensionen fördert.

Gerade die ethische Reflexion und Stellungnahme zu aktuellen gesellschaftlichen, sozialen und politischen Herausforderungen kann in Religion und Philosophie gefördert und gefordert werden. Damit gibt es Überschneidungen mit den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern oder den MINT-Fächern, auf die dort bereits hingewiesen wurde. Dabei sind es besonders die strukturierten ethischen Analysen, die in Religion und Philosophie eingeübt werden, und so die Sachebene anderer Fächer um wichtige Fertigkeiten im Hinblick auf Selbst- und Sozialkompetenz bereichern.

Verständnis anderer Kulturen und Weltanschauungen bildet die Grundlage für erfolgreiches Handeln im europäischen Kontext.
In diesem Kontext tragen die zuvor genannten Fächer eine wesentliche Verantwortung. Sie haben die bedeutende Aufgabe, das Wissen und die Herausforderungen des europäischen Zusammenlebens in einen umfassenderen interreligösen und weltanschaulichen Kontext zu stellen. Diese Fächer fördern daher nicht nur die Sprechfähigkeit, sondern vermitteln vor allem die essenzielle Fähigkeit zum Perspektivwechsel, die für ein friedvolles Miteinander unerlässlich ist. Genau durch diese Fähigkeit werden die Lernenden in der Lage sein, eine europabezogene Handlungskompetenz zu entwickeln. Diese Kompetenz ermöglicht es ihnen, sensibel und konstruktiv mit unserer zunehmend multikulturellen europäischen Realität umzugehen.

5.6. ÄSTHETISCHE FÄCHER

Ästhetische Fächer bieten besonders durch die Möglichkeiten nonverbaler Kommunikation besondere Chancen in der Europabildung.

Die ästhetischen Unterrichtsfächer wie Kunst, Musik und Darstellendes Spiel können in eindrucksvoller Weise zu Europabildung beitragen, da sie sie in der Lage sind, in großem Umfang auch nonverbal zu kommunizieren. So können Sprachbarrieren überwunden werden und Zusammenarbeit, gemeinsames Lernen und Arbeiten zwischen Menschen aus verschiedenen Kulturen wird möglich.

Generell ermöglicht ein ästhetischer Zugang eine Ansprache, die über die rein kognitive Wahrnehmung hinausgeht. Gerade in den ästhetischen Fächern findet sich daher die Möglichkeit, Lernende im volitionalen und motivationalen Kontext anzusprechen und damit die Voraussetzungen für die Bereitschaft einer aktiven Teilhabe am politischen sowie kulturellen Leben in Europa zu schaffen.

Gleichzeitig bieten diese Fächer eine Reihe von kognitiven Lernzielen, sei es in der Kulturgeschichte oder auch in der Beeinflussung durch gesellschaftliche Meilensteine jeglicher Art. So zeigt sich, dass besonders in diesen Fächern Ansätze für fächerübergreifende Europabildung liegen.

Den großen Chancen zum Kompetenzerwerb und die idealen Voraussetzungen zum fächerübergreifenden Arbeiten in den ästhetischen Fächern wurde in Schleswig-Holstein durch die umfangreiche, großzügige Förderung kultureller Aktivitäten an Schulen Rechnung getragen. Die Initiative „Schule trifft Kultur - Kultur trifft Schule" bietet kostenfreie Unterstützung bei Unterrichtseinheiten sowie kulturellen Aktionen oder Projekten (s. auch Kapitel 4.4: Kulturelle Bildung).

An dieser Stelle soll darüber hinaus besonders auf den Europäischen Wettbewerb hingewiesen werden, der jedes Jahr bundesweit Lernende aller Altersstufen einlädt, sich mit aktuellen europäischen Themen kreativ auseinanderzusetzen (s. auch Kapitel 7.7.1: Europäischer Wettbewerb)

-> 5.6.1 Musik

Musikunterricht erlaubt im höchsten Maß fächerübergreifende und schülerzentrierte Europabildung.
Bei jungen Menschen hat Musikkultur einen hohen Stellenwert und ist damit geeignet, das Thema „Europa“ auf allen Ebenen zu behandeln.

Musik spricht daher junge Menschen in besonderer Weise in ihrem eigenen Interessensbereich an und berührt gleichzeitig die essenzielle emotionale Ebene im Kompetenzerwerb der Jugendlichen.

Darüber hinaus hat der Musikunterricht eine gesellschaftliche Aufgabe, auch schon im Primarbereich:

„Musik ist wesentlicher, durch keine andere Disziplin zu ersetzender Bestandteil aller Kulturen. Das aktive Gestalten, Entdecken und Reflektieren unterschiedlicher Musik im Unterricht trägt [sic] zur Entwicklung einer aktiven Teilhabe am vielfältigen kulturellen Leben in einer heterogenen Gesellschaft bei.“ [1]

Diese Aufgabe wird im Sekundarbereich um eine themenorientierte Dimension in gesellschaftlichen Bezügen erweitert:

„Eine Auseinandersetzung mit Kernproblemen gesellschaftlichen Lebens wird im themenorientierten Arbeiten gefördert. Dies geschieht etwa durch die Interpretation musikalischer Werke, in denen eine Auseinandersetzung mit Problemen gesellschaftlichen Lebens künstlerisch umgesetzt ist, durch die Reflexion funktionsgebundenen Einsatzes von Musik oder häufig auch durch gestaltendes Arbeiten“[2]

Die große inhaltliche Freiheit bei der Behandlung der drei verbindlichen Themen

  • Musik und ihre Ordnung
  • Musik und ihre Entwicklung
  • Musik und ihre Bedeutung

erlauben in vielfältiger Weise schülerzentriertes fächerübergreifendes, handlungsorientiertes Arbeiten, auch im internationalen Kontext:

„Die Themen des Unterrichts konzentrieren das gemeinsame Arbeiten auf leitende Fragestellungen. Sie stellen den Bezug des Faches zu den Erfahrungen der Schülerinnen und Schüler oder auch zu anderen Fächern her.“[3]

Aus der schier unübersehbaren Fülle von Ansatzpunkten sollen daher nur einige wenige genannt werden.

Es gibt eine Fülle von fächerübergreifenden thematischen Ansätzen, auch für den Primarbereich.
Europäische Musikgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts kann, vielleicht überraschend für Lernende, wissenschaftshistorischen Meilensteinen in den MINT-Fächern zugeordnet werden, beispielsweise anhand von Biografien ausgewählter Musiker und Musikerinnen. Viele Stilrichtungen haben Bezüge zu geografischen, geschichtlichen und kulturellen Verflechtungen und laden zu fächerübergreifenden Projekte mit europäischem Bezug ein.

Kinder im Grundschulalter können spielerisch musikalisch auf Europatour gehen und dabei einiges über andere Länder lernen, wobei sich Überschneidungen zur Sachkunde ergeben.

In allen Schularten gibt es viele Schnittmengen mit dem Fach Englisch, in dem sowohl Kinderlieder wie auch Songs aus allen Stilrichtungen auf eine Behandlung im Musikunterricht warten. Für fächer- und länderübergreifende Projekte im Fach Französisch, zumeist im Sekundarbereich, bieten sich Musiksendungen des Senders arte an, die regelmäßig zweisprachig ausgestrahlt werden und inzwischen auch Filme auf Englisch, Polnisch, Spanisch und Italienisch zeigen. Deutsche Untertitel können oft eingeblendet werden.

Eine besondere Chance der Europabildung liegt darin, Ergebnisse aus den gesellschaftswissenschaftlichen Fächern wie Plädoyers für Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit, die Wahrung Europäischer Werte o.ä. im Musikunterricht aufzugreifen und diese von den Lernenden vertonen zu lassen. Eine beeindruckende Unterrichtseinheit, die für eine Kooperation mit dem Fach Geschichte geeignet ist, ist die Einheit zur Rolle der Musik in den Konzentrationslagern, die von der Bundeszentrale für politische Bildung hier vorgestellt wird. Umfangreiche Literaturhinweise für die Aufnahme europäischer und politischer Themen im Musikunterricht bietet die Bundeszentrale für Politische Bildung (bpb) darüber hinaus hier.

Die universelle Sprache der Musik überwindet Grenzen.
Eine besondere Chance dieses Faches für die Europabildung soll noch hervorgehoben werden. Sie liegt in der universellen Sprache, die eine Kommunikation über kulturelle und sprachliche Grenzen ermöglicht. Damit ist Musik in der Lage, bei Begegnung zwischen Lernenden aus verschiedenen Ländern niedrigschwellig Gestaltungsräume zu öffnen (s. Anmerkungen zu Mobilitäten, eTwinning und der Europabildung in einer multikulturellen Schulgemeinschaft).

Konkrete europäische Themen wären beispielsweise der Vergleich verschiedener Europa-Hymnen die hier aufrufbar sind, möglich oder, darauf aufbauend und handlungsorientiert, die Kreation einer neuen Hymne, in der die Träume, Wünsche und Ziele der jungen Menschen in Europa aufgenommen werden.

Präsentationen der Ergebnisse können die Lernenden bestärken.
Die Website der Schule, Europatage oder auch Wettbewerbe wie der Europäische Wettbewerb bieten für die Ergebnisse eine Bühne, die über die Präsentation im Klassenraum hinausgeht und den Lernenden das Gefühl der Selbstwirksamkeit gibt.

Musik bietet daher ein großes Spektrum an Möglichkeiten, die so wichtige affektive Ebene in die Europabildung zu integrieren, interkulturelles Arbeiten zu ermöglichen und damit zu einer europabezogenen Handlungskompetenz der Jugendlichen beizutragen.



[1] Fachanforderungen Musik Primarstufe (2018), S. 12, nicht barrierearme Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/musik.html [11.8.2023]
[2] Fachanforderungen Musik Sekundarbereich (2015), S. 12, nicht barrierearme Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/musik.html [11.8.2023]
[3] Fachanforderungen Musik Sekundarbereich (2015), S. 20, nicht barrierearme Version, verfügbar unter https://fachportal.lernnetz.de/sh/fachanforderungen/musik.html [11.8.2023]

-> 5.6.2 Kunst

Bildende Kunst ermöglicht nonverbale kultur- und zeitüberschreitende Kommunikation und zeigt Verbindendes.
Bildende Kunst ist per se ein grenzüberschreitendes Arbeitsfeld. Die „Sprache“ der Kunst ist, anders als Schrift- bzw. Wortsprache, über Jahrtausende hinweg verstehbar. So geben die ersten Höhlenmalereien auch heute klare Informationen über Lebensumstände und Kultur der Autorinnen bzw. Autoren. Bilder aus vergangenen Zeiten erlauben einen Einblick in lokale und regionale Gegebenheiten.

Im Laufe der menschlichen Entwicklung haben sich Wort- und Schriftsprachen entwickelt, die bis heute jeweils nur für einen begrenzten Kulturkreis verständlich sind. Und selbst innerhalb eines Kulturkreises konnten viele Menschen weder lesen noch die gesprochene Herrschaftssprache verstehen, doch wichtige Informationen sollten auch sie erreichen. Der Erwerb entsprechender Fremdsprachenkenntnisse ist heute üblicher als früher, dennoch reicht auch heutzutage die Lingua franca Englisch nicht in jeder internationalen Kommunikationssituation aus.

Bilder dienen seit jeher der nonverbalen Kommunikation.
So wurden von alters her Bilder zur Kommunikation verwendet. Viele Schriften haben genau mit diesen Bildzeichen begonnen und manche haben solche Zeichen vereinzelt heute noch. Die große Menge der daraus entwickelten abstrakten Zeichen, den Buchstaben, führt jedoch nicht zu verbesserter weltweiter Kommunikation. Wenig überraschend ist daher, dass, je mehr die Welt zusammenrückt, desto stärker geht Kommunikation wieder zurück zu Bildern geht – die Welt ist voller Icons und Piktogramme.

Mit zunehmender Mobilität der Menschen wächst auch der Informationsaustausch zwischen Künstlerinnen und Künstlern. „Typisch“ nationale Kunst nimmt zunehmend Einflüsse aus anderen Länder auf und gibt eigene Ideen weiter.
Stillleben hat es beispielsweise in bestimmten Epochen überall gegeben, nicht nur in den Niederlanden. Obwohl Obst, Wein und Käse eher mediterran wirken und Fisch, Bier und Brot nordisch anmuten, handelt es sich dennoch um Stillleben.
Auch Landschaften sehen zwar überall unterschiedlich aus, Landschaftsmalerei gibt es aber über Jahrhunderte nicht nur im abendländischen Kulturraum, sondern weltweit.
In heutiger Zeit verweist die Vielfalt der künstlerischen Techniken auf die Entwicklung der Gesellschaft sowohl national als auch international. Die einzelnen Werke können in ihrer Entstehung längst nicht immer national zugeordnet werden, aber sie werden international verstanden.

Kunstunterricht nutzt diese Form der nonverbalen Kommunikation.
So bietet Kunstunterricht einen wichtigen Ansatzpunkt, denn nicht nur die Wortsprache ist ein zentrales Informations-, Kommunikations- und Ausdrucksmittel, sondern auch künstlerische Produktionen jeder Art.

In diesem Sinn sind auch die aktuellen Fachanforderungen formuliert, sie geben einen Eindruck von Zielen, Inhalten, Verfahren und Wirkungsmöglichkeiten des Faches.

„Kunstunterricht befähigt zur aktiven, verstehenden und gestaltenden Teilhabe an kulturellen Prozessen in einer sich ändernden Welt, im Bewahren und Nutzen des kulturellen Erbes, im Umgang mit gebauter und virtueller Architektur, mit der Ästhetik von Alltagsdingen, mit Phänomenen der historischen Kunst und der Kunst der Gegenwart.“[1]

Die Kompetenzbereiche des Faches Kunst ähneln denen in anderen Fächern.
Die Bedeutung des Faches zeigt sich auch an den Kompetenzen, die die Fachanforderungen für den Kunstunterricht sowohl für den Primar – wie auch den Sekundarbereich formulieren: Wahrnehmen, Beschreiben, Analysieren, Interpretieren, Beurteilen, Herstellen, Gestalten, Verwenden.

Die Inhalte im Fach Kunst sind frei wählbar.
Im Gegensatz zu den Vorgaben der meisten anderen Schulfächer sind den Kompetenzen jedoch keine Sachinhalte verbindlich zugeordnet:

„Die Vermittlung der Kompetenzen ist verbindlich. Ihnen werden mögliche Inhalte und Wissensbestände zugeordnet, die nicht verpflichtend vermittelt werden müssen.“ [2]

Die vermittelten Kompetenzen bereiten lebenslanges Lernen im internationalen Kontext vor.
Und noch ein weiterer Aspekt des Faches soll herausgestellt werden: „Kunstunterricht vermittelt Kompetenzen, die im Prozess lebenslangen Lernens notwendig sind.“[3] Lebenslanges Lernen muss heute zu einem großen Teil als Leben in internationalen Zusammenhängen verstanden werden.

Diese drei Charakteristika des Faches, die Verwandtschaft der Kompetenzbereiche, die Freiheit der Thematik und die Zukunftsorientierung bieten ideale Voraussetzungen für die fächerübergreifende Europabildung an der Schule.

Kunst ist prädestiniert für fächerübergreifende, handlungsorientierte Europabildung.
Es ist daher möglich und sinnvoll, europäische Themen jedweder Art in Theorie und Praxis einzusetzen, ebenso wie in der Vernetzung mit anderen Fächern. Die Zuordnung zu Fachthemen, Altersgruppen etc. wird besonders durch die Freiheit in der Themenwahl in der Regel möglich. Die Aufgabe von Fachkonferenzen im Rahmen einer entsprechenden Schulprofilierung ist es, diese Inhalte abzustimmen und bewusst in den Vordergrund zu stellen.

Neben dem fachimmanenten Einsatz ist die Unterstützung in allen anderen Bereichen des Schullebens nicht zu unterschätzen – Präsentationen, Dokumentationen, Kooperationen mit anderen Fächern und Querschnittsthemen, Ausgestaltung von Festen und Arbeitsergebnissen etc. In all diesen Bereichen kann Europa eine wichtige Rolle spielen.

Kunst erlaubt Kommunikation auch dort, wo Sprache nicht ausreichend zur Verfügung steht.
Dass gerade Projekte der bildenden Kunst ideal für die Bearbeitung in einem internationalen Team geeignet sind, versteht sich von selbst. Lernende können dabei nicht nur ein gemeinsames handlungsorientiertes Ergebnis erstellen, sondern dieses ist auch in der Regel im internationalen Kontext ohne Worte präsentierbar, sodass das Erfolgserlebnis eines abgeschlossenen Kunstprojektes in jedem kulturellen Rahmen mitgefeiert werden kann.

Der Europäische Wettbewerb bietet niedrigschwellige Möglichkeiten für Europabildung im Kunstunterricht.
Eine einfache Möglichkeit des fächerübergreifenden, kreativen Arbeitens bietet auch der jährlich stattfindende Europäische Wettbewerb, der für alle Altersstufen attraktive Themen mit europäischem Bezug bietet und auf den schon mehrmals hingewiesen wurde (s. auch Kapitel: 7.7.1 Europäischer Wettbewerb)

 
[1] Fachanforderungen Kunst für den Sekundarbereich I und II, 2015, Seite 76 (barrierearme Version Seite 127)
[2] Ebd. S. 82, barrierearme Version Seite 137, ähnlich formuliert in den Fachanforderungen für den Primarbereich, 2025, S. 25, barrierearm S. 40
[3] Ebd. Fachanforderungen Kunst Sekundarbereich, S. 76, barrierearme Version S. 127.

5.7 SPORT

Im Fach Sport werden gesellschaftliche Kernprobleme aufgegriffen.
Die Fachanforderungen für allgemeinbildende Schulen im Fach Sport nennen für den Sekundarbereich I zwei große Lernziele: „Entwicklungsförderung durch Bewegung, Spiel und Sport und Erschließung der Bewegungs-, Spiel- und Sportkultur“. Es wird ergänzt: „Für die Sportlehrkräfte ergibt sich die Verpflichtung, diesen Doppelauftrag als sportpädagogische Aufgabe zu erkennen und im Sportunterricht umzusetzen. Beide Seiten des Doppelauftrags sind von gleicher Wichtigkeit; in einem erziehenden und bildenden Sportunterricht werden sie gleichermaßen angesprochen. Damit trägt der Sportunterricht auf seine Weise und mit seinen Mitteln zur Erreichung des allgemeinen Ziels von Schule bei, nämlich personale Identität in sozialer Verantwortung zu fördern“[1] Diese Anforderungen gelten sinngemäß auch für den Sekundarbereich II [2].

In diesem Sinne bietet Sportunterricht eine wertvolle Möglichkeit zur Schulung von Selbst – und Sozialkompetenz. In dem Erlernen von Fairplay, dem Miteinander in Mannschaften, der Rücksicht auf Schwächere und in inklusiven Unterrichtsformen werden Kinder und Jugendliche in ihrer Selbst– und Sozialkompetenz geschult.

Das Fach Sport hat mit seinem schülerzentrierten, handlungsorientierten Ansatz viele Möglichkeiten, seinen Beitrag zu den Kernproblemen des gesellschaftlichen Lebens im Sinne einer Europabildung zu gestalten.

Der Sportunterricht bietet attraktive Möglichkeiten für schüler-, handlungs- und erlebnisorientierte Europabildung.
So bietet auch der Sportunterricht Möglichkeiten des internationalen und transnationalen Lernens. Dadurch, dass viele Sportarten internationalen Regeln unterliegen, bietet sich der Sport auch als Programmpunkt in internationalen Begegnungen an: Sportturniere mit den Besuchenden der Partnerschule, Turniere mit gemischten Mannschaften und eine gemeinsame anschließende Feier, bei der musiziert und getanzt wird, werden das Fach Sport um eine genuin europäische Komponente bereichern. Auch sind Herausforderungen in den europäischen Ländern grenzüberschreitend und können einen wichtigen Ansatzpunkt für gemeinsame Projekte im Bereich der Sporttheorie sein: Sportökonomie mit Problemen der Kommerzialisierung, Doping im Leistungssport etc.

Darüber hinaus sollte die Fülle regionaler europäischer (National-) Sportarten erwähnt werden, die von Lernenden vorbereitet werden und damit einen Einblick in die reiche Sportkultur unseres Kontinentes erlauben. Darüber hinaus können internationale Sportfeste wie Europameisterschaften im Fußball oder anderen Sparten Anlass für eine fächerübergreifende Unterrichtseinheit über Sprache, Kultur und Geschichte der teilnehmenden Länder sein.

Im Sekundarbereich II bieten sich mit dem Blick in die Sportgeschichte weitere lohnende fächerübergreifende Themen an. Fächer – und klassenübergreifende Themen können die Rolle des Sports in der antiken griechischen Kultur beleuchten, oder dessen problematische Rolle in der Zeit des Nationalsozialismus‘. Eine spannende Materialsammlung bietet dazu Europeana.


[1] Ministerium für Schule und Berufsbildung des Landes Schleswig-Holstein (2015). Fachanforderungen Sport, allgemein bildende Schulen, Seite 15
[2] Ebenda, Seite 58

5.8 DER FÄCHERKANON DER BERUFSBILDENDEN SCHULEN

Die Stundentafeln der berufsbildenden Schulen sind ausgesprochen vielfältig.
An einer einzelnen Schule oder einem BBZ können in vielfältigen Bildungsgängen mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten bis zu 4000 Schülerinnen und Schüler aller Niveaustufen unterrichtet werden. Es gleicht also kaum eine berufsbildende Schule der anderen. Jeder dieser Berufe wird nach einer Stundentafel mit 7 bis 14 berufsbezogenen Lernfeldern unterrichtet.

Auch die Spielräume und Ressourcen der Kollegien unterscheiden sich allein schon durch regionale Voraussetzungen erheblich. Aufgrund dieser großen Unterschiede können hier nur exemplarisch Möglichkeiten zur Implementierung von Europabildung aufgezeigt werden, die Konkretisierung muss aufgrund der großen Diversität der berufsbildenden Ausbildung schulintern erfolgen.

Konkrete Bausteine für eine systematische Einführung zum Erwerb internationaler und damit auch europäischer Handlungskompetenz, vor allem in kaufmännischen und IT-Berufen stellt die NABBiB als Anregung hier zur Verfügung.

Erfolgreiche Maßnahmen in der Europaarbeit sollten in die schulinternen Curricula eingepflegt werden.
Es wird empfohlen, innerhalb der jeweiligen schuleigenen Lernplattformen (z.B. Moodle) die Ideen, bewährte Konzepte und Materialien in eigens anzulegenden Kursen zu sammeln und dadurch über die Zeit allen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften niederschwellig zur Verfügung zu stellen.

Damit wird Best Practice nachhaltig in der Ausbildung verankert und die Effizienz erhöht. Besonderes Augenmerk sollte handlungsorientierten Einheiten zuteilwerden, die den Lernenden eine aktive Rolle in der Europabildung zuweisen. Als besonders hilfreich hat sich die Ergänzung durch ein schuleigenes Europa-Curriculum erwiesen. Ein Beispiel dafür findet sich beim RBZ am Königsweg in Kiel

-> 5.8.1 Europabildung im Unterricht berufsbildender Fächer in Lernfeldern 

Die Stundentafeln der berufsbildenden Schulen sind ausgesprochen vielfältig.
An einer einzelnen Schule oder einem BBZ können in vielfältigen Bildungsgängen mit unterschiedlichen fachlichen Schwerpunkten bis zu 4000 Schülerinnen und Schüler aller Niveaustufen unterrichtet werden. Es gleicht also kaum eine berufsbildende Schule der anderen. Jeder dieser Berufe wird nach einer Stundentafel mit 7 bis 14 berufsbezogenen Lernfeldern unterrichtet.

Auch die Spielräume und Ressourcen der Kollegien unterscheiden sich allein schon durch regionale Voraussetzungen erheblich. Aufgrund dieser großen Unterschiede können hier nur exemplarisch Möglichkeiten zur Implementierung von Europabildung aufgezeigt werden, die Konkretisierung muss aufgrund der großen Diversität der berufsbildenden Ausbildung schulintern erfolgen.

Konkrete Bausteine für eine systematische Einführung zum Erwerb internationaler und damit auch europäischer Handlungskompetenz, vor allem in kaufmännischen und IT-Berufen stellt die NABBiB als Anregung hier zur Verfügung.

Erfolgreiche Maßnahmen in der Europaarbeit sollten in die schulinternen Curricula eingepflegt werden.
Es wird empfohlen, innerhalb der jeweiligen schuleigenen Lernplattformen (z.B. Moodle) die Ideen, bewährte Konzepte und Materialien in eigens anzulegenden Kursen zu sammeln und dadurch über die Zeit allen Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften niederschwellig zur Verfügung zu stellen.

Damit wird Best Practice nachhaltig in der Ausbildung verankert und die Effizienz erhöht. Besonderes Augenmerk sollte handlungsorientierten Einheiten zuteilwerden, die den Lernenden eine aktive Rolle in der Europabildung zuweisen. Als besonders hilfreich hat sich die Ergänzung durch ein schuleigenes Europa-Curriculum erwiesen. Ein Beispiel dafür findet sich beim RBZ am Königsweg in Kiel. Weitere Anregungen für die Integration europäischer Themen in andere berufsbildende Fächer (für Einzelhandelskaufmann/-kauffrau, Elektroniker/in, Landwirt/in, Staatl. gepr. Pflegeassistenz, Kosmetiker/in, Hauswirt-schafter/in und Sozialpädagogische/r Assistent/in) finden sich hier.

-> 5.8.2 Europabildung in berufsübergreifenden Fächern

Besonders die sprachlichen und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern bieten Ansätze für die Wertevermittlung.
Eine besondere Chance, sich umfassend mit dem freiheitlich-demokratischen Wertesystem im berufsübergreifenden Unterricht auseinanderzusetzen bieten die Fächer Wirtschaft und Politik, Englisch und Kommunikation.

So enthält der Rahmenlehrplan für das Fach Wirtschaft und Politik an der Berufsschule neben den prüfungsrelevanten Themen zur Betriebswirtschaft bereits einen eigenen Bereich zu europäischen Themen wie Geschichte und Institutionen der EU und Chancen als EU-Bürgerin/-Bürger.

Diese sollten, wie auch an den allgemeinbildenden Schulen, handlungs- und erfahrungsorientiert gestaltet werden. Insbesondere Themenbereiche wie Medienkompetenz, Nachhaltigkeit, Migration, soziale Kompetenz und Digitalisierung, in denen ein beträchtlicher pädagogischer Spielraum vorhanden ist, bieten die wertvolle Gelegenheit zur Einbindung entsprechender Projekte mit Bezug zu Europa.

Aus diesen und ähnlichen Themenbereichen lassen sich hervorragend Referate, Präsentationen, Erklärvideos, Plakate etc. generieren, indem man beispielsweise jeder Gruppe ein europäisches Land zur Recherche zuteilt.

Ähnliche Spielräume bieten die Rahmenlehrpläne für die Fächer Kommunikation sowie Englisch an der Berufsschule. Dort werden jeweils die zu erreichenden Ziele in den einzelnen Fertigkeiten (skills) genannt und es wird gefordert, einen fachlichen Bezug zu dem jeweiligen Berufsfeld herzustellen. Inhaltlich gibt es kaum weitere Vorgaben. Es besteht deshalb auch in diesen Fächern die Möglichkeit, die europäische Handlungskompetenz unter Berücksichtigung des jeweiligen Berufsfeldes gezielt zu fördern.

Für das Fach Kommunikation bieten sich beispielsweise Projekte an, die sich mit internationalen Kontakten auf verschiedenen Plattformen auseinandersetzen, z.B. ein fachlicher Austausch über berufliche Inhalte mit ausländischen Schulen über ein eTwinning-Projekt (s. Kapitel 7.5 eTwinning). Hier kann z.B. der Umgang mit internationalen Geschäftskorrespondenzkonventionen erarbeitet werden.

Das kann ebenso im Fach Englisch erfolgen, auch hier ist genügend inhaltlicher Spielraum vorhanden. Hier kommen noch weitere Möglichkeiten hinzu, indem man das weitaus größere Spektrum des englischen Sprachraumes (verglichen mit dem deutschsprachigen) im Internet nutzt, um berufliche aber auch kulturelle Besonderheiten anderer Länder im Unterricht zu behandeln.

Zielführend sind beispielsweise Musterbewerbungsverfahren in verschiedenen europäischen Ländern. Auch dies lässt sich hervorragend mit dem Thema „Europass“ verbinden, einer Initiative der EU. Es wird dort die Möglichkeit geboten Auslandserfahrungen zu zertifizieren, Portfolios anzulegen, Bewerbungsschreiben und Lebensläufe in allen europäischen Sprachen zu verfassen.

Für weitere Aspekte berufsübergreifender Fächer wird auf die entsprechenden Curricula der allgemeinbildenden Schulen verwiesen (s. vorangegangene Kapitel). Wie bereits dargestellt, liegt der Fokus in den beruflichen Schulen allerdings auf dem Berufsbezug, was viele praxisbezogene Beispiele erlaubt. So bieten sich, wie bereits an Beispielen gezeigt, für jedes Berufsfeld Räume, fachliche Themen im europäischen Kontext zu vertiefen.