6. Mobilitäten für Lehrende und Lernende
Mobilitäten eröffnen sowohl Lehrkräften wie auch Lernenden eine großartige Möglichkeit, Europa und seinen Reichtum unmittelbar zu erfahren. Im Folgenden sollen diese Möglichkeiten aufgezeigt werden und gleichzeitig Hilfestellungen gegeben werden, wie diese Mobilitäten in den komplexen schulischen Alltag integriert werden können.
Wie auch bei den anderen Kapitel wird darum gebeten, Ergänzungen, Korrekturen und Bemerkungen an das Funktionspostfach europabildung@bimi.landsh.de zu senden.
Mobilitäten eröffnen sowohl Lehrkräften wie auch Lernenden eine großartige Möglichkeit, Europa und seinen Reichtum unmittelbar zu erfahren. Wohl kaum ein anderes Instrument trägt in diesem Sinn zu einer Europakompetenz jener bei, die den eigenen Wirkungskreis verlassen und professionelle Begegnungen mit Menschen aus anderen Ländern suchen. [1]
Im Folgenden sollen diese Möglichkeiten aufgezeigt werden und gleichzeitig Hilfestellungen gegeben werden, wie diese Mobilitäten in den schulischen Alltag integriert werden können. Wie kaum bei einer anderen Maßnahme ist die Etablierung dieser Mobilitäten mit einem Arbeitsaufwand der involvierten Lehrkräfte verbunden. Daher wird dringend geraten, die Planung und Durchführung immer in einem Team zu verankern, sodass die Kontinuität nicht an dem Engagement einzelner Lehrkräfte hängt (s. auch Kapitel 7: Europa in der Schule effizient erlebbar machen und Kapitel 8.1: Schulentwicklungsprozesse initiieren und begleiten ).
Wenn diese Erfahrungen von der Schulleitung und im Kollegium wertgeschätzt werden und allen Teilen der Schulgemeinschaft offenstehen, wird es erfahrungsgemäß Wege geben, diese Mobilitäten zu ermöglichen. Dabei können langfristig vorbereitete Einheiten in klassenübergreifenden Projekten während der Abwesenheit verwendet werde oder Arbeitsordner (beispielsweise mit den in Fülle vorhandenen Europa-Themen) eine deutliche Entspannung der Vertretungssituation ermöglichen.
Sprachliche Hürden bei Auslandsaufenthalten werden zumeist überschätzt.
Eine weitere Hürde, der sich eine Reihe von Lehrkräften gegenübersieht, ist die sprachliche Herausforderung, da die Fortbildungen zumeist in englischer Sprache angeboten werden. Es hat sich bewährt, dass in diesem Fall zunächst zwei Lehrkräfte, nicht notwendigerweise von der gleichen Schule, eine Mobilität gemeinsam durchführen. So kann eine gegenseitige Unterstützung vor allem dann erfolgen, wenn eine der beiden schon Auslandserfahrung besitzt. Auch gibt es eine gewisse sprachliche Unterstützung im Erasmus+-Programm, das sogenannte OLS (online language support).
Erfahrungsgemäß werden jedoch die sprachlichen Hürden bei Auslandsaufenthalten von Lehrkräften überschätzt. Mit den heute zur Verfügung stehenden zumeist kostenfreien Übersetzungsmöglichkeiten und der Offenheit, mit der man regelmäßig in Europa willkommen geheißen wird, können schwierige Situationen gemeistert werden. Vor allem kommen aber mit der Immersion in ein englischsprachliches Umfeld ungeahnte Erinnerungen an den Sprachunterricht wieder zum Tragen, sodass Auslanderfahrungen regelmäßig zu einem Erfolg werden.
[1] Thomas, Alexander (1989) Interkulturelles Lernen im Schüleraustausch. In: Lukesch, Helmut und Nöldner, Wolfgang und Peez, Helmut, (eds.) Beratungsaufgaben in der Schule: Psychologisch-pädagogische Hilfen aus Theorie und Praxis für erzieherische und unterrichtliche Beratungsanlässe. Reinhardt, München, S. 188-198. ISBN 3-497-01168-1.
Individuelle Mobilitäten von Lehrkräften bereichern das schulische Leben und ermöglichen authentische Europabildung.
Erfahrungen im europäischen Kontext sind nicht nur für Lernende wertvoll, sondern können auch Lehrkräften wichtige Impulse geben. Letztlich wird Europabildung nur dann authentisch und glaubhaft vermittelt werden können, wenn auch die Lehrkräfte das große Projekt „Europa“ mit seinen Angeboten und Herausforderungen entdeckt und erlebt haben.
Einerseits können sie dadurch Erfahrungen der Jugendlichen im kulturellen Austausch besser nachvollziehen und im schulischen Kontext gewinnbringend nutzen. Andererseits erweitert der fachliche Austausch zwischen Lehrkräften über Ländergrenzen hinweg den Blick für die eigene Situation und gibt ein Gefühl der Solidarität. Abgesehen von neuen methodischen und inhaltlichen Impulsen für die einzelne Lehrkraft wird darüber hinaus eine ganze Fachschaft, wünschenswerterweise sogar die Schulgemeinschaft bereichert. So können persönliche Kontakte von Lehrkräften im europäischen Kontext die Grundlage für neue Schulpartnerschaften oder Kooperationen bei Erasmus+-Projekten sein.
Es gibt eine Reihe von Angeboten für entsprechende Mobilitäten, zumeist finanzierbar durch Erasmus-Gelder.
Dies ist besonders bei Angeboten des Pädagogischen Austauschdienstes (PAD) der Fall, die als Begegnungsseminare gezielt die Vermittlung von Schulpartnerschaften unterstützen und dabei auch konkrete Hilfestellungen bei der Finanzierung der darin entstehenden Projekte geben. Aktuelle Angebote, teilweise auch in Deutschland, finden sich auf der entsprechenden Website des PAD für Lehrende an allgemeinbildenden Schulen bzw. auf der Website der Nationalen Agentur beim Bundesinstitut für Berufsbildung NABiBB für Lehrkräfte beruflicher Schulen.
Angebote weiterer europäischer Institutionen bieten sich im Rahmen von Erasmus+-Fortbildungen, die regelmäßig auf der European School Education Platform veröffentlicht werden. Diese Kurse können durch Erasmus+-Mittel finanziert werden, sodass höchstens ein kleiner Eigenanteil für die reisende Lehrkraft zu zahlen ist.
Darüber hinaus gibt es auch finanziell bedeutende Unterstützungen für das „JobShadowing“, die Begleitung einer Lehrkraft an einer anderen Schule in Europa in ihrer Tätigkeit. Ebenfalls werden Lehr- / Lernaufenthalte finanziert, die Unterricht an einer Schule im Ausland ermöglichen. So können Lehrkräfte direkt vor Ort Eindrücke sammeln, die zur Bereicherung ihrer professionellen Tätigkeit beitragen. Dies kann im Sinne eines Austausches oder als einseitige Mobilität organisiert werden, auch die Zeitspanne ist flexibel und kann bis zu einem Jahr betragen. Allen diesen Möglichkeiten ist gemeinsam, dass sie über Erasmus+-Gelder finanziert werden können. Diese Möglichkeit besteht im Übrigen auch für Lehrkräfte, die nicht an einer durch Erasmus akkreditierten Schule unterrichten (s. auch Kapitel 6.7: Finanzierung von Mobilitäten)
Schulorganisatorischen Herausforderungen kann begegnet werden.
Eine Herausforderung besteht allerdings dann, wenn die Mobilität während der Schulzeit stattfindet, sodass Vertretungsstunden für das Kollegium anfallen. An dieser Stelle zeigt sich, dass Europabildung nicht nur bei einzelnen Lehrkräften verortet, sondern programmatisch in der Schule verankert werden sollte, wie es beispielsweise bei Aufnahme der Europabildung in die Ziele des Schulprogramms geschieht (s. Kapitel 8.1).
Klassenfahrten können stärker als bisher für handlungs- und erfahrungsorientierte Europabildung genutzt werden.
Fast alle weiterführenden Schulen führen Klassenfahrten ins europäische Ausland durch, bei denen zumeist gruppeninterne Aktivitäten im Mittelpunkt stehen. Gerade an diesem Punkt gibt es jedoch relativ einfach zu organisierende Möglichkeiten, die Fahrt für zusätzliche eindrückliche Begegnungen und Erfahrungen in Europa zu nutzen.
Der Besuch einer Schule vor Ort, bei dem ein Austausch mit Gleichaltrigen ermöglicht, vielleicht sogar ein kleines gemeinsames Projekt durchgeführt wird, fördert auf niedrigschwelliger Ebene die so wichtige Handlungs- und Erfahrungsorientierung in der Europabildung. Kaum ein anderes Instrument ist zu diesem Zweck besser geeignet, als junge Menschen in Kontakt mit Gleichaltrigen zu bringen. Wenn dieser Besuch am Anfang der Klassenfahrt ermöglicht wird, können weitere Kontakte während der Reise diese bereichern. Darüber hinaus stehen zahlreiche Möglichkeiten der finanziellen Förderung bei internationalen Begegnungen zur Verfügung. Damit wird die Teilnahme an diesen wertvollen Angeboten unabhängig von der finanziellen Situation im Elternhaus. Darüber hinaus gibt es Finanzierungsmöglichkeiten auch für die Begleitpersonen (s. Kapitel 6.7 Finanzierung von Mobilitäten).
Schulpartnerschaften bieten großartige Möglichkeiten für den Erwerb europäischer Handlungskompetenz.
Kontakte zu Schulen im Ausland zu institutionalisieren und sie möglichst vertraglich zu festigen, kann auf Dauer entlastend wirken und vor allem die Nachhaltigkeit der Bemühungen absichern. Langjährige Partnerschaften erlauben eine gewisse Routine sowie eine langfristige Planungssicherheit. Dies ermöglicht auch die Verankerung der Partnerschaften auf beiden Seiten in der Schulgemeinschaft und möglicherweise in der Lokalpolitik (Gemeinde, Bürgermeister und -meisterinnen sowie Wirtschaftsbetrieben). Letzteres bietet sich besonders an, wenn die Schulpartnerschaften mit Partnerstädten der Gemeinde oder Stadt bestehen.
Die Verankerung von Schulpartnerschaften auf diesem Niveau kann sowohl finanziell wie auch organisatorisch und im Sinne einer Nachhaltigkeit positive Auswirkungen auf die Schulpartnerschaft haben.
Bei Schulpartnerschaften wird nicht immer das ganze Potenzial dieser Begegnungen genutzt.
Noch zu selten werden diese recht aufwendig organisierten Schülerbegegnungen zur Durchführung gemeinsamer Projekte, in denen europäische Handlungskompetenz gefördert wird, genutzt.
Gerade aber beim Handeln im internationalen Kontext erleben Jugendliche jedoch ihre Selbstwirksamkeit und erwerben die so wichtige interkulturelle Kompetenz mit einem interkulturellen Bewusstsein. Dass diese Maßnahme auf beiden Seiten einen gewissen Einfluss auf den Ablauf des geordneten Schulalltags hat, sollte in Kauf genommen werden.
Keine andere kurzfristige Maßnahme im schulischen Kontext ermöglicht Jugendlichen einen vergleichbaren Lernerfolg wie die physische Begegnung zwischen Lernenden aus verschiedenen Ländern, bei der ein gemeinsames Produkt entsteht.[1] Gerade in dem Arbeiten an einem gemeinsamen Ziel erfahren die Jugendlichen ja im Kleinen das, was Europa ausmacht – Menschen aus verschiedenen Nationen arbeiten an einem großen Projekt. Dieser Kompetenzerwerb geht weit über den Lernerfolg durch einen gemeinsamen Ausflug hinaus.
Es gibt viele Datenbanken zur Vermittlung von Schulpartnerschaften.
Für derartige Projekte geeignete Partnerschulen zu finden, kann eine gewisse Herausforderung darstellen. Daher sei an dieser Stelle die Website der KMK genannt, bei der entsprechende Anfragen gesucht und gefunden werden können. Auch die PASCH-Schulen[2], die Schulen mit deutschsprachigem Profil weltweit vernetzen, haben eine entsprechende Datenbank aufgebaut, das Partnerschulnetz.
Für das englischsprachige Ausland empfiehlt sich ein Blick auf die Vermittlung des British Council. Darüber hinaus sei auch an dieser Stelle auf die Möglichkeiten verwiesen, die European European School Education Platform | European School Education Platform (europa.eu) bietet, gerade auch mit der zugehörigen Kommunikationsplattform eTwinning (s. auch Kapitel 7.5: eTwinning), die virtuelle Begegnungen von Lehrenden und Lernenden in einem geschützten Rahmen möglich macht.
Unterstützung bietet die Initiative „Austausch macht Schule“.
Kompetente Unterstützung bei allen Fragen rund um Schüleraustausche bietet im Übrigen die Initiative Austausch macht Schule. Hier gibt es hilfreiche Fortbildungen zu allen praktischen Fragen eines Schüleraustausches, weitere Hinweise auf Vermittlungen oder Finanzierungen von Schüleraustauschen.
[1] Vgl. zu der Bedeutung von Begegnungen: Thomas, Alexander (1989) Interkulturelles Lernen im Schüleraustausch. In: Lukesch, Helmut und Nöldner, Wolfgang und Peez, Helmut, (eds.) Beratungsaufgaben in der Schule: psychologisch-pädagogische Hilfen aus Theorie und Praxis für erzieherische und unterrichtliche Beratungsanlässe. Reinhardt, München, S. 188-198. ISBN 3-497-01168-1.
[2] PASCH steht für die Initiative „Schulen: Partner der Zukunft“. Sie vernetzt weltweit mehr als 2.000 Schulen, an denen das Fach Deutsch einen besonders hohen Stellenwert hat.
Physische Begegnungen zwischen zwei Lerngruppen können gewinnbringend an einem dritten Ort gestaltet werden.
Viele der Schulpartnerschaften beruhen auf einer Unterbringung auf Gegenseitigkeit durch die Lernenden. Gerade in sozialen Brennpunkten ist dies jedoch nicht immer möglich, obwohl genau dort Begegnungen mit Jugendlichen aus anderen Ländern als ein besonderer Wert empfunden werden kann. Oft werden daher die Besuchenden in einer Jugendherberge untergebracht, was allerdings die wertvolle gemeinsame Zeit deutlich reduziert und gemeinsames, entspanntes Erleben erschwert. Daher soll auf die Möglichkeit von Begegnungen an neutralen Orten, sogenannten Drittorten, verwiesen werden.
Entsprechende Adressen findet man beispielsweise bei der Gesellschaft der Europahäuser und Europäischen Akademien e.V. (gesellschaft-der-europaeischen-akademien.de). Als weitere geeignete Orte wären der Knivsberg in Dänemark, oder der Jugendhof Scheersberg zu nennen. Der Tierpark Warder bietet einen Aufenthalt mit programmatischer Unterstützung, die handlungsorientierte Projekte für alle Altersstufen ermöglicht. Auch eine Unterbringung auf dem Gelände mit der Möglichkeit zur Selbstverpflegung ist dort vorhanden.
Eine besondere Möglichkeit der Drittortbegegnung ist die Organisation eines internationalen Planspiels bzw. die Teilnahme an einer derartigen Veranstaltung (s. Kapitel 7.4: Planspiele).
Praktika im europäischen Ausland fördern die Europakompetenz.
Das Leben und Arbeiten im Ausland bietet Jugendlichen in besonderer Weise eine Vorbereitung auf eine Berufstätigkeit im europäischen Kontext. Die Förderung der Eigenständigkeit, Sprach- und Sprechfähigkeit in einer anderen Sprache, neue Kontakte und Einblicke in betriebliche Abläufe außerhalb Schleswig-Holsteins bereichern das Leben der Jugendlichen in vielerlei Hinsicht im Erwerb von Europakompetenz.
Berufsbildende Schulen bieten diese ihren Lernenden regelmäßig an.
Besonders berufsbildende Schulen haben daher Strukturen und Finanzierungen geschaffen, die den Lernenden Praktika im Ausland mit nur einer geringen finanziellen Eigenbeteiligung erlauben.
An vielen berufsbildenden Schulen Schleswig-Holsteins wurden Ausbildungsgänge entwickelt, die diese Praktika im Ausland als obligatorisches Element fordern. Als Beispiel wären die Ausbildung zum „Europaerzieher / Europaerzieherin“ an der Elly – Heuss – Knapp Schule in Neumünster oder die Zusatzqualifikation für „Europakaufleute“ am BBZ Mölln zu nennen. Zahlreiche weitere Mobilitätsprogramme und internationale Projekte finden an berufsbildenden Schulen im Land statt.
Eine sehr einfache Möglichkeit, wie Lernende berufsbildender Schulen Erasmus+–Mittel nutzen können, auch wenn z.B. keine eigenen Erasmus+ Mittel zur Verfügung stehen, bieten „Erasmus+ Poolprojektträger“. Hier können sich Schüler und Auszubildende individuell bewerben um ein Erasmus+ finanziertes Praktikum durchzuführen. Die NABIBB bietet in einer Online Datenbank die Möglichkeit das passende Angebot zu finden.
Die betriebliche Freistellung für Auslandspraktika von Auszubildenden ist eine Herausforderung.
Eine Herausforderung bleibt dabei stets die Freistellung der Auszubildenden von den Ausbildungsbetrieben, wenn die Lernenden in dualen Ausbildungsgängen unterwegs sind. Einige Schulen konnten dieser Herausforderung mit der Übergabe von Plaketten und individueller Überzeugungsarbeit begegnen, sodass Auszubildende die Praktika nicht während des Urlaubs absolvieren mussten.
In der Regel ist allerdings bekannt, dass Erasmus+-Förderungen auch noch in dem auf den Abschluss der Ausbildung folgenden Jahr gewährt werden und damit die Freistellung von Auszubildenden während ihrer Arbeitszeit im Betrieb vermieden wird.
Auch an allgemeinbildenden Schulen gibt es erste Ansätze, Jugendlichen diese Möglichkeit zu eröffnen.
Einige Allgemeinbildende Schulen – Europaschulen – in Schleswig-Holstein haben sich mit der Deutschen Schule in Bilbao zu einem Projekt zusammengeschlossen. Jedes Jahr fährt eine Schülergruppe aus diesen Schulen nach Bilbao für das Wirtschaftspraktikum bei dortigen Betrieben. Dabei wird die Betreuung reihum von den schleswig-holsteinischen Schulen gewährleistet, die Unterbringung erfolgt bei den Schülerinnen und Schülern der spanischen Schule. Das MBWFK übernimmt die Finanzierung im Rahmen einer Mitlgiedschaft dieser Schulen im Erasmus+-Konsortium des MBWFK. Im Gegenzug absolvieren die spanischen Lernenden ihre Praktika einige Monate später in Schleswig-Holstein. Es wäre zu wünschen, dass sich in Zukunft weitere Schulen für ähnliche Kooperationen zusammenfinden, sodass der Betreuungsaufwand für einzelne Schulen moderat bleibt und trotzdem den Lernenden in der Oberstufe Erweiterung ihres Horizontes auf diese Weise ermöglicht wird.
Darüber hinaus erfolgt aktuell auch bei den allgemeinbildenden Schulen ein Pilotprojekt mit KulturLife. Bei positiver Evaluation könnte KulturLife den Verwaltungsaufwand der Schulen durch das Angebot von Praktikumsplätzen im Ausland reduzieren. Weitere Informationen werden den Schulen per E-Mail zugesendet.
Einzelne Jugendliche konnten darüber hinaus auf privater Basis Praktika im Ausland erhalten und die Betreuung durch Lehrkräfte digital gesichert werden.
An dieser Stelle soll noch darauf hingewiesen werden, dass die Praktika dann besonders wertvoll werden, wenn die Lernenden auf die Situation in dem anderen Land sprachlich und kulturell vorbereitet werden. Auch die Vermittlung des Erlebten in der Schulgemeinschaft trägt zu einer Förderung von Europakompetenz bei jenen bei, die die Möglichkeit eines Auslandsaufenthaltes (noch) nicht nutzen konnten. Das MWBFK bietet für ausgewählte Schulen ein Sicherheitstraining an, das Lehrkräfte und Lernende für sicherheitsrelevante Fragestellungen sensibilisiert und sie darin unterstützt, Krisensituationen vorzubeugen und im Ernstfall angemessen zu reagieren. Weitere Informationen gibt
christian.matthes@bimi.landsh.de.
Schule kann Lernende auch zur individuellen Auslandsaufenthalten ermutigen.
Fähigkeiten und Interessen von Lernenden an Auslandsaufenthalten können teilweise durch Vermittlungen im schulischen Rahmen nicht ausreichend befriedigt werden. Für Schülerinnen und Schüler der berufsbildenden Schulen gibt es daher die Möglichkeit, individuell Stipendien für Praktika zu beantragen. Die NABiB bietet eine online-Beratung für diese Finanzierungen hier.
Lernende an allgemeinbildenden Schulen können sich um Fördermöglichkeiten bei den Jugendwerken bewerben. Besonders das Deutsch-Französische Jugendwerk bietet mit dem dreimonatigen Brigitte-Sauzay-Programm sowie dem sechsmonatigen Voltaire-Programm eine attraktive Möglichkeit für einen längeren Aufenthalt in Frankreich.
Zumeist kostenpflichtige Angebote für alle Schularten bietet beispielsweise Youth for Understanding. Diese Organisation gibt hier eine Übersicht für die Möglichkeit von Stipendien, sodass der Auslandsaufenthalt Jugendlichen unabhängig von der wirtschaftlichen und sozialen Situation ermöglicht wird.
Für die Zeit nach der Schule bestehen darüber hinaus mehrere Optionen für einen Auslandsaufenthalt (s. Kapitel 6.8: Europa erleben nach der Schule)
Mobilitäten, selbst wenn diese eine Unterbringung auf Gegenseitigkeit erlauben, sind immer zumindest mit Fahrtkosten verbunden. Um allen jungen Menschen die Möglichkeit für physische Begegnungen zu ermöglichen, gibt es eine Reihe von Angeboten, bei denen zumindest ein Teil der Kosten übernommen werden kann.
Erasmus-Programme bieten komfortable Finanzierungsmöglichkeiten größerer und kleinerer Mobiltäten.
Keine größere Mobilität kommt an den vielen Möglichkeiten vorbei, die das EU-Programm Erasmus+ für Schulen bietet. Projektorientierte Begegnungen zwischen Lernenden und Lehrenden werden meist auskömmlich gefördert und ermöglichen physische Begegnungen im Ausland auch für Jugendliche aus Familien mit geringem Einkommen.
2021 wurde das Antragsverfahren erfreulicherweise vereinfacht. Es ist nun möglich, sich als Schule für mehrere Jahre akkreditieren zu lassen und in dieser Zeit vereinfacht Gelder für Mobilitätsprojekte abzurufen. Darüber hinaus bietet das Erasmus+-Programm die Möglichkeit, mit weniger Aufwand Kurzzeitprojekte zu beantragen, die einen ersten Einblick in die Möglichkeiten dieses Förderprogramms geben.
Für alle Arten der Finanzierung im Programm werden regelmäßig Fortbildungen angeboten, die in das Antragsstellungsverfahren einführen, teilweise auch direkt durch Fachleute aus Schleswig-Holstein. Weitere Informationen gibt es auf der Website des Pädagogischen Austauschdienstes PAD für allgemeinbildende Schulen sowie auf der Website der Nationalen Agentur im Bundesministerium für Berufliche Bildung NABiBB. Beide Nationalen Agenturen bieten darüber hinaus auch individuelle Unterstützung bei der Antragsstellung.
Bei einer Finanzierung durch das Erasmus+-Programm ist jedoch zu beachten, dass sich mit jeder neuen siebenjährigen Legislaturperiode der Europäischen Kommission die Eramus+-Programme ändern (die nächste Legislaturperiode beginnt 2028). Teilweise gibt es darüber hinaus Änderungen während der Legislaturperiode, sodass es sich empfiehlt, aktuelle Informationen zu verwenden. Auch ist zu beachten, dass sich die Angebote und Durchführungsbestimmungen für die Berufliche Bildung und für allgemeinbildende Schulen teilweise stark unterscheiden. Es lohnt sich aber die Möglichkeiten zu nutzen. Erasmus+ ist das bei weiten am besten finanziell ausgestattete Förderprogramm für internationale Projekte, Lernaufenthalte und Auslandspraktika in der EU.
Jugendwerke und andere Organisationen unterstützen Mobilitäten mit zahlreichen Angeboten.
Die zu erwartende Förderung für Mobilitäten ist im Rahmen von Jugendwerken und ähnlichen Einrichtungen deutlich geringer als bei Erasmus+-Projekten. Dennoch lohnt sich eine Nachfrage, wenn einzelne Lernende ein Stipendium benötigen oder besondere Veranstaltungen mit europäischen Partnern geplant sind. Eine ausführliche Darstellung aller Konditionen und Möglichkeiten würde den Rahmen dieser Website sprengen, daher seien hier nur die wichtigsten Ansprechpartner genannt:
Deutsch-Französisches Jugendwerk.
Das deutsch-französische Jugendwerk ist das älteste Jugendwerk mit vielen Angeboten, sowohl in der Fortbildung, wie auch in der Förderung einzelner Projekte, Praktika oder einem mehrmonatigen Aufenthalt in Frankreich für junge Menschen zwischen 12 und 17 Jahren (Brigitte-Sauzay-/Voltaire-Programm).
Deutsch-Polnisches Jugendwerk.
Zu den großen und häufig angesprochenen Förderern europäischer Begegnungen gehört auch das Deutsch-Polnische Jugendwerk. Neben Vermittlungsangeboten gibt es Reisekostenzuschüsse, Fortbildungen und Förderungen für besondere Begegnungen wie trilaterale Begegnungen oder Projekte zur Erinnerungskultur.
Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch.
Als Koordinierungszentrum für den Deutsch-Tschechischen Jugendaustausch bietet Tandem vielfältige Unterstützungsangebote, beispielsweise bei der Vermittlung von Partnerschaften, Fortbildungen, Finanzierungen und Jugendtreffen.
Deutsch-Griechisches Jugendwerk.
Erst 2021 hat sich das DGJW, das Deutsch-Griechische Jugendwerk gegründet und mit der Unterstützung von Begegnungen zwischen den beiden Ländern begonnen. Auch hier werden beispielsweise Fortbildungen und Kontaktseminare angeboten.
Deutsch-Türkische Jugendbrücke.
Die Deutsch-Türkische Jugendbrücke (DTJB) ist eine Initiative der Stiftung Mercator und wird durch das Auswärtige Amt gefördert. Kleinere Projekte zwischen den Ländern können mit bis zu € 5.000 gefördert werden, weitere finanzielle Mittel stehen für größere Projekte zur Verfügung.
Deutsch-Russischer Jugendaustausch.
Der DRJA, der Deutsch-Russische Jugendaustausch setzt sich als Stiftung für die Verständigung der beiden Länder durch Jugendbegegnungen ein. Darüber hinaus finden sich beispielsweise online Angebote für Diskussionen und Spracherwerb statt. Aufgrund der politischen Situation sind diese Kontakte jedoch aktuell problematisch.
Deutsch-Israelischer Jugendaustausch.
Auch wenn Israel nicht auf dem europäischen Kontinent liegt, ist es doch mit der Geschichte Deutschlands und Europas in besonderer Weise verbunden. In diesem Sinn kann gerade im Sinne einer Erinnerungskultur ein Kontakt nach Israel genuine Lernziele der Europakompetenz fördern. Hilfreiche Unterstützung in jeder Hinsicht gibt es dabei unter ConAct, dem Koordinierungszentrum Deutsch-Israelischer Jugendaustausch.
Austausche nach Großbritannien.
Nach dem Brexit sind Schulkontakte in das vereinigte Königreich ungleich schwieriger geworden. Die UK-German Connection unterstützt an Großbritannien interessierte Schulen beispielsweise durch Informationen und finanzielle Förderung. Auch Angebote für virtuelle Treffen gehören zum Programm.
AJA und IJAB sind Dachverbände verschiedener kleinerer Organisationen, die Unterstützung anbieten.
Der AJA, der Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustausch ist der Dachverband vieler kleinerer Organisationen, die mit unterschiedlichen Schwerpunkten die Begegnungen Jugendlicher aus verschiedenen Nationalitäten fördern. Hier können, beispielsweise Stipendien für Langzeitaufenthalte beantragt werden, auch gibt es Lehrerfortbildungen oder Angebote für Schulentwicklungstage.
Die Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschlands (IJAB) versteht sich als übergeordnete Stelle für die Begleitung verschiedener Austausche. So werden Evaluationen durchgeführt oder Publikationen erstellt und digitale Informationsveranstaltungen über Schüleraustausche organisiert. Auf der Website finden sich Kontakte zu Partnerorganisationen auf der ganzen Welt, die zumeist für individuelle Mobilitäten, bei denen Teilstipendien vergeben werden.
ProTandem bietet berufsbildenden Schulen niedrigschwellige Möglichkeiten für Praktika in Frankreich.
Das Programm ProTandem bietet sehr niedrigschwellige Möglichkeiten für Auslandspraktikumsprojekte mit französischen Partnerschulen für berufsbildende Schulen. Die Deutsch-Französische Agentur für den Austausch in der Beruflichen Bildung vernetzt mit französischen Partnerschulen und organisiert Austausche. Es wird eine Begleitung durch Sprach-Coaches angeboten so dass sogar Teilnehmer ohne Französisch-Kenntnisse an den Austauschen teilnehmen können.
Interreg-Programme fördern die Grenzregion Deutschland-Dänemark.
Die meisten schleswig-holsteinischen Kreise und die dänischen Grenzregionen[1] haben als Grenzregionen den Vorteil, dass die EU in diesen Bereichen besondere Förderprogramme etabliert hat, um die „wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den Regionen und Ländern auszugleichen und gleichermaßen für eine gute Lebensqualität, Solidarität und sozialen Zusammenhalt zu sorgen.“[2]
Damit wird das Interreg- Programm ständig weiterentwickelt und bietet mittlerweile auch für Schulen einfach zugängliche Fördermöglichkeiten, besonders bei kulturellen Projekten in Kooperation mit Einrichtungen. Aktuell gibt es den Bürgerprojekte-Fond, der beispielsweise die Transportkosten für Schulen im nördlichen und östlichen Schleswig-Holstein übernimmt, wenn die Fahrt dem deutsch-dänischen Kontakt dient.
Da die Programme häufig neu aufgelegt werden, empfiehlt sich bei Interesse an einer Förderung entweder eine Internet-Recherche unter „Interreg deutsch-dänisch“ oder die Kontaktaufnahme über die aktuelle Website.
[1] Im Interreg-Programm werden die Regionen Sjælland, Region Syddanmark, die Kreise Nordfriesland, Schleswig-Flensburg, Rendsburg-Eckernförde, Ostholstein und Plön sowie die Städte Kiel, Flensburg, Neumünster und Lübeck gefördert.
[2] https://www.europa-foerdert-kultur.eu/foerderprogramme/interreg/ [4.8.2023].
Stiftungen oder Wirtschaftsunternehmen.
Der Vollständigkeit halber soll auf die Möglichkeit der finanziellen sowie organisatorischen Unterstützung durch Stiftungen in Deutschland hingewiesen werden. Dies kann sich besonders dann lohnen, wenn die Mobilität einen besonderen inhaltlichen Anspruch hat, der in den Förderzielen der Stiftung genannt wird.
Auch sind teilweise Wirtschaftsunternehmen vor Ort bereit, einen Zuschuss für europäische Begegnungen zu zahlen. Dies ist erfahrungsgemäß besonders dann der Fall, wenn der Kontakt zu Schulen in der Partnergemeinde/ der Partnerstadt der Gemeinde besteht.
Dieser Abschnitt versteht sich als eine Ergänzung zu den Angeboten der Austauschbörsen.
Ziel von Europabildung muss sein, die Lernenden für ein Leben in Europa auch nach dem Schulabschluss fit zu machen. Daher sollten die Abschlussklassen über Möglichkeiten informiert werden, die diese Möglichkeiten eröffnen. Zumeist wird dies schon über die Jugendbildungsmessen gewährleistet, an dieser Stelle sollen aber vor allem gut oder vollfinanzierte Auslandsaufenthalte vorgestellt werden:
Freiwilligendienst im Ausland.
Viele Jugendliche möchten nach Abschluss der Schule für einige Zeit ins Ausland gehen, häufig mit der Option, soziales Engagement zu zeigen und anderen Menschen zu helfen. Nicht wenige Organisationen bieten die Vermittlung entsprechender Stellen an, in der Regel jedoch mit einer deutlichen finanziellen Eigenbeteiligung der Freiwilligen.
Eine sehr gute, auch finanziell attraktive Möglichkeit bietet hingegen das Europäische Solidaritätscorps, das sich an junge Menschen zwischen 18 und 30 Jahren wendet und im Rahmen des Erasmus+-Programms angeboten wird. Hier erfolgt eine Vermittlung an verschiedene andere Träger, die auf der Website zu finden sind. In der Regel werden sowohl Taschengeld, Kost, Logis und auch ein Teil der Reisekosten übernommen.
Jedes Jahr im Herbst werden in Europa ca. 18.000 Interrail-Tickets an Jugendliche ab 18 Jahren verlost, davon ca. 6.000 an Deutsche. Auch diese Aktion ist Teil des Erasmus-Programms und soll Jugendliche ermutigen, Europa auf einer Reise zu erleben. Weitere Informationen gibt es beispielsweise auf der Website der Europäischen Kommission.
Berufsbildende Schulen können ihren Lernenden aufgrund der kurzen Ausbildungsdauer mit teilweise zentralen Abschlussprüfungen und der daraus folgenden geringen Flexibilität sowie der großen Abhängigkeit von den Ausbildungsbetrieben oft keine Mobilitäten während der schulischen Ausbildungszeit anbieten. Die Nationale Agentur im Bundesministerium für Berufliche Bildung (NABiB) bietet aber Erasmus-Förderungen bis ein Jahr nach Abschluss der Berufsausbildung an, sodass hier hautnahes europäisches Erleben zeitnah nachgeholt werden kann.
Die EU und das Auswärtige Amt bieten attraktive Karrierechancen und Praktika.
Gerade dann, wenn Lernende großes Interesse an europäischen Fragestellungen haben, sollte als Fernziel nach einer Ausbildung oder einem Studium auf die Möglichkeiten einer Arbeit bei der EU hingewiesen werden. Auch kann bei einigen Studienfächern (Jura, Wirtschaftswissenschaften) bereits während des Studiums ein Praktikum absolviert werden. Weitere Informationen finden sich auf der Website des Auswärtigen Amtes.