Über KI lernen - Künstliche Intelligenz & Literatur

Roboter, Automaten und künstliche Menschen – Künstliche Intelligenz in der Literatur

Häufig werden Sprachmodelle wie ChatGPT als Werkzeug im bzw. für den Deutschunterricht erprobt. Dabei ist auch eine inhaltliche Anknüpfung naheliegend. Die Vorstellung eines künstlichen Menschen ist nicht neu und wurde im Laufe der Geschichte immer wieder literarisch verhandelt. Eine Beschäftigung mit KI und Literatur kann sich beispielsweise an folgenden Fragen orientieren:

  • Was kennzeichnet die Figuren und ihr Handeln als ‚menschlich‘ (und was bedeutet das)?
  • Wie wird das Verhältnis von Mensch und Maschine dargestellt?
  • Wie wird die erzählte Welt medial konstruiert? Wird die Wahrnehmung dieser Welt medial verzerrt? (Virtual Reality, Filterblasen)
  • Wie verändern und entwickeln sich Figuren durch die Interaktion mit den Automaten/Robotern/der KI?
  • Gibt es sprachliche und/oder stilistische Auffälligkeiten, die eine Differenz zwischen menschlichen Figuren und künstlichen verdeutlicht? (Polyperspektivität)

Literatur über Künstliche Intelligenz

Eines der bekanntesten Werke, an dem sich diese Fragen gut nachvollziehen lassen, ist E.T.A. Hoffmanns Erzählung Der Sandmann (1816 bzw. Die Automate, 1819): Phantastische Erzählverfahren, die Konstruktion einer medial vermittelten und gebrochenen Realität und literaturanthropologische sowie psychopathologische Themen, aber auch das charakteristische Automaten-Motiv können mit technologischen Entwicklungen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik, Virtual und Augmented Reality im Unterricht betrachtet und untersucht werden.

Auch moderne Jugendromane greifen das Thema Künstliche Intelligenz auf und eignen sich somit für die inhaltliche Auseinandersetzung. So macht bspw. Kazuo Ishiguro in seinem Roman Klara und die Sonne (2021) eine KF, eine Künstliche Freundin, zur Protagonistin. Klaras Aufgabe ist Begleitung junger Menschen ins Erwachsenensein, die sie als Modell B2 mit besonderer Empathie und großer Neugier erfüllt, denn auch die KF muss viel lernen, um den Menschen beizustehen. Die besondere Ruhe und Gediegenheit von Ishiguros Sprachstil lässt sich als literarischer Gegenentwurf zu anderen Texten vergleichend untersuchen. Karl Olsbergs Boy in a White Room (2019) verhandelt die Frage der Verlässlichkeit unserer Wahrnehmung und baut einen Spannungsbogen mit verschiedenen Wendepunkten ein. Die Liste literarischer Texte, die das Thema Künstliche Intelligenz aufgreifen, dürfte in Zukunft weiter wachsen.

Auswahl von Literatur zum Thema Künstliche Intelligenz

Die Künstliche Intelligenz als Autor?

Eine weitere zentrale Verbindung der Themen Literatur und Künstliche Intelligenz zeigt sich mit Blick auf die Frage nach der Urheberschaft von Texten: Die Differenzierung von textimmanenter und autorzentrierter Hermeneutik, zwischen Erzählinstanz und Autor, wird durch Sprachmodelle wie ChatGPT mindestens perspektivisch erweitert: Kann eine Maschine Urheber eines Textes sein, wenn ihr kein Bewusstsein inhärent ist? Braucht Literatur eine Intention? Ist die Maschine das Werkzeug und der Mensch, der promptet, Urheber? Müssen Urheber und Schriftsteller differenziert werden? Kann die Maschine mit ihrem Text Emotionen transportieren (und ist das überhaupt ein Merkmal von Literatur)? Besonders interessant werden diese Fragen bei der Auseinandersetzung mit Literatur, die bereits mithilfe digitaler Verfahren und Künstlicher Intelligenz verfasst wurden, wie Clemens Setz’ Bot. Gespräch ohne Autor (2018) oder Hannes Bajohrs Halbzeug: Textverarbeitung (2018). [1]

'robot writing books, digital art' © Craiyon (07/23), prompted by Dr. Stefanie Junges

Multimodalität im Deutschunterricht

Nicht zuletzt bietet das Thema Künstliche Intelligenz im Deutschunterricht deshalb an, da dieser ohnehin Multimedialität in den Blick nimmt. So können Filme zum Thema wie Metropolis, Matrix oder I, Robot, der auf Isaac Asimovs berühmten Roman Ich, der Robot (1950) fußt, ebenso behandelt werden wie andere mediale Formate. So ließe sich beispielsweise Hoffmanns Sandmann mit Blick auf diverse Filme, Theaterinszenierungen, Comics und Graphic Novels sowie musikalische Rezeption und die Darstellung von Puppen, Automaten und Maschinen sowie ihr Verhältnis zum Protagonisten Nathanael untersuchen.

© DALL-E (11/22), prompted by Dr. Stefanie Junges

[1] „Hilfe, zwischen meinen Buchdeckeln sind Algorithmen“* - 54books

 

 

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