Fachbeschreibung und Fortbildungsstruktur
Griechisch erscheint heute als ein Orchideenfach, doch waren in der Antike die griechische Sprache und Kultur nicht nur in der europäischen Mittelmeerwelt das Ideal und das Ziel aller Bildung: Ihre Strahlkraft reichte bis nach Ägypten und den vorderasiatischen Raum (u.a. die heutige Türkei und das heutige Syrien).
Auf Griechisch schrieben große Dichter wie Homer oder Sophokles, die der Welt das Epos und das Theater schenkten; aber auch große Philosophen wie Platon und Aristoteles oder Historiker wie Herodot und Thukydides; nicht zuletzt das Neue Testament ist auf Griechisch verfasst. Die Wirkung dieser Schriften beschränkt sich nicht auf die Antike, sondern hat in den letzten 2000 Jahren ihre Leserinnen und Leser immer wieder in den Bann geschlagen: ob es nun arabische Philosophen im Mittelalter waren, die Aristoteles lasen, Künstler der Renaissance, die Homer im Original für Europa wiederentdeckten oder auch die Filmteams Hollywoods, die griechische Mythen auf der großen Leinwand zu neuem Leben erweckten. Diese große Kontinuität zeigt sich ganz deutlich in der sprachlichen Entwicklung: Die heutigen Griechen nutzen immer noch die fast 3000 Jahre alten Schriftzeichen. Zwar hat sich die Aussprache verändert und so manches im Wortschatz und in der Grammatik, so dass man Neugriechisch zurecht als eigene Sprache bezeichnen kann. Ihre Wurzeln liegen aber sehr deutlich im Altgriechischen und es ist diesem viel näher als etwa das Italienische dem Lateinischen: ánthropos (ἄνθρωπος) z.B. heißt seit fast 3000 Jahren: „Mensch“!
Im 19. Jahrhundert erhielt Griechisch (neben Latein) als Verkörperung des humanistischen Gymnasiums einen hohen Stellenwert (sechs bis acht Wochenstunden waren die Regel). Geblieben sind davon in Schleswig-Holstein 4 Gymnasien, die Griechisch als dritte Fremdsprache anbieten und ihren Schülerinnen und Schülern insbesondere über die Sprache und Literatur die Gedankenwelt der Griechen erschließen. Eines stand nämlich so gut wie immer Fokus des griechischen Nachdenkens: Was ist der Mensch? Vor diese Frage wird jede Generation aufs Neue gestellt, besonders in der Gegenwart von automatisierten Denkprozessen und künstlichen Intelligenzen. Die Griechen haben dabei nicht auf alle Fragen alle Antworten, aber sie haben eigentlich immer eine Idee, auf die man so nicht gekommen wäre und die zum eigenen Nachdenken provoziert - und sie haben eine Sprache, um dies in vollendeter und ästhetisch anspruchsvoller Weise darzustellen.
Zur Fortbildungsstruktur: Jedes Jahr findet eine mehrtägige Griechischlehrertagung statt, die sich in jeweils wechselnden Themen ganz aus der Perspektive der Praxis unterrichtlich relevanten Inhalten widmet und dabei zeitgenössische Entwicklungen aufgreift. Hervorzuheben ist dabei die Vernetzung mit den anderen norddeutschen Bundesländern Hamburg und Bremen, die sich in der gemeinsamen Organisation der Tagung und inhaltlichen Kooperation zu den jeweiligen Themen zeigt. In 2023 steht die Platonlektüre und die Figur des Sokrates auf dem Programm, einerseits ein zentraler Inhalt des Griechischunterrichts, andererseits hält die Darstellung des platonischen Sokrates durchaus einige Widerstände für eine moderne Leserschaft mit neuen Sensibilitäten bereit.
Darüber hinaus gibt es, in der Regel im Frühjahr, ein bis zwei kleinere Fortbildungen, die einem konkreten Unterrichtsprojekt gewidmet sind. In diesem Jahr erarbeiten wir eine kurze Unterrichtseinheit für das Schuljahresende mit digitalem Schwerpunkt; außerdem entsteht als langfristig angelegtes Projekt zur Zeit ein Textadventure für die Übergangslektüre im Griechischunterricht. Dabei gibt es einen Wechsel von Online- und Präsenzformaten, um die Vorteile beider Veranstaltungsarten zu verbinden.